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Alexandra Kruse: Unser neuer Star für die Sterne

Monatshoroskop

Alexandra Kruse: Unser neuer Star für die Sterne

  • Text: Kerstin Hasse
  • Interview: Kerstin Hasse; Fotos: Mirjam Kluka 

Alexandra Kruse (41) ist die neue annabelle-Astrologin. Wir trafen sie zum Interview und sprachen mit ihr über die Magie der Sterne und die Astrologie als Zeitgeistphänomen.

Eigentlich, sagt Alexandra Kruse, sei es nicht der richtige Zeitpunkt, ein Interview zu führen. Im Moment ist nämlich Merkur rückläufig – und in dieser Phase sollte man keine wichtigen Termine wahrnehmen, erklärt sie weiter. Wir treffen uns dennoch in einem Café in Zürich. Für annabelle mache sie eine Ausnahme, sagt Kruse. Schliesslich war annabelle so etwas wie ihre erste Liebe in der Schweiz. Für sie zog sie aus Berlin nach Zürich, jahrelang arbeitete sie als Fashion Editor für das Magazin. Seither ist viel passiert. Kruse hat sich entschieden, ihren Spirit Animals, den Einhörnern, zu folgen: Sie schreibt Horoskope, legt Tarot-Karten, entschlüsselt Sternenkonstellationen und vermittelt ihr popkulturelles Astrowissen mit einer gewissen Prise Humor und viel Feenstaub.
Ihr Chihuahua Hari klettert auf dem Sofa rum und setzt sich auf meinen Schoss. «Jöh, der Hari! Der passt auch so gut zu deinem Oberteil», sagt Kruse verträumt. An ihrem Hals baumelt ein goldener Krebs, ihr Sternzeichen. Sie ist gut drauf, sie spricht schnell und benutzt viele Anglizismen. Wenn sie laut lacht – und das tut sie oft – wirft sie ihren Kopf in den Nacken.

annabelle: Alexandra, du warst eigentlich mal Fashion Editor bei annabelle, nun kehrst du zu uns als Astrologin zurück. Dieser Rollenwechsel spiegelt auch deine persönliche Reise der letzten Jahre wider.
Alexandra Kruse: Ja, ich war ja schon immer «the crazy one» in meinem Umfeld. Ich war das Goop-Labor von Gwyneth Paltrow, bevor es das Goop-Labor gab. Ich habe alles mögliche Spirituelle am eigenen Leib ausprobiert.

Hat es dir nie etwas ausgemacht, «the crazy one» zu sein?
Ich war zu viel, ich bin zu viel und ich werde zu viel bleiben. Mir ist völlig klar, dass meine Art polarisiert und vielleicht auch provoziert. Aber mir geht es um Veränderung und um Tiefe. Und: I make it look easy.

Aber es ist nicht easy.
’Türlich ist es nicht easy! Ich habe einen weissen Chihuahua und nicht selten einen pinken Flausch-Mantel an. Da ist es natürlich einfach zu sagen, die hat eine Schraube locker. Gerade in der Schweiz. Ich hatte damit nie ein Problem, weil ich einfach ich selber bin. Und dadurch werde ich für viele Menschen zu einem Vorbild, ob sie gut finden, was ich mache, oder nicht. Ich bin da manchmal wie ein Gespenst in der Geisterbahn: Man kann nicht wegschauen.

Würdest du dich bitte nicht mit einem Gespenst vergleichen!
Na ja, manche Leute stören sich an meiner Art, manche sind irritiert – oder aber interessiert. Das Interesse nimmt eher zu. Astrologie wird immer hipper. Na ja, es gibt immer noch viele Leute, die es als Scharlatanerie abtun. Aber es ist nun mal das älteste Selbsterkenntniswerkzeug der Welt, daran kann ich jetzt auch nichts ändern.

Diese Entwicklung hin zu einem Lifestyle-Trend macht dir deine Arbeit schon einfacher, oder?
Natürlich. Ich funktioniere auch als Kind des Zeitgeists. Ein grosser Teil meiner Popularität hat damit zu tun, dass ich diesen Zeitgeist verstehe und treffe. Aber das tut jeder Mensch, der Erfolg hat.

 

Das erste Argument von Skeptikern ist, dass ein Sternzeichen-Horoskop unmöglich für alle Menschen gelten kann. Was antwortest du darauf?
Nichts ist individueller als ein Horoskop, es wird niemals zwei Mal das gleiche geben. Das ist ja das Schöne: Es wird auch nie einen Menschen zwei Mal geben. Die meisten Leute glauben allerdings, dass sie nur ihr Sonnenzeichen sind, also das Zeichen, das wir als Sternzeichen kennen. Dieses Zeichen beschreibt aber nicht mehr und nicht weniger als den Punkt, an dem die Sonne bei unserer Geburt war. Wir sind alle viel mehr als nur unser Sonnenzeichen, denn jeder Planet hatte zum Zeitpunkt unserer Geburt eine bestimmte Position. Wer mehr über sich erfahren möchte, sollte mindestens noch sein Mondzeichen kennen und seinen Aszendenten.

Man sollte also nicht unbedingt nur das Sonnenzeichen in der annabelle lesen?
Ich würde empfehlen, mit einer App den eigenen Aszendenten und das eigene Mondzeichen herauszufinden und dann alle drei Horoskope zu lesen. Es gibt natürlich auch die Menschen, die alles im gleichen Zeichen haben, das sind dann die ganz armen Schweine. Die kommen nämlich an den Eigenschaften dieses einen Zeichens nicht vorbei! (lacht)

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««WIR FOLGEN LIEBER GOOGLE MAPS ALS DEN STERNEN. DAS HALTE ICH FÜR EINEN FEHLER»»

 

Du gibst zwar Lebensratschläge, verzichtest aber auf konkrete Vorhersagen in deinen Texten. Ein Satz wie «Nächste Woche triffst du die Liebe deines Lebens» wird man im annabelle-Horoskop nicht lesen.
Für mich ist ein Horoskop ein kosmischer Wetterbericht, der einem sagen kann, was kommt, der einen aber nicht aus der eigenen Verantwortung entlassen sollte. Ich will nicht, dass jemand wegen des annabelle-Horoskops seinen Job kündigt und dann findet: Das stand da so, also mach ich es. Wenn aber jemand durch das Lesen des Horoskopes zur Erkenntnis kommt, dass es der richtige Moment wäre, endlich diese Weltreise zu machen, und dann kündigt – dann bin ich more than happy.

Während wir dieses Interview führen, ist Merkur rückläufig. Klär mich auf: Was heisst das genau?
Es heisst, dass es aus der Perspektive der Erde so aussieht, als würde Merkur zurücklaufen. Das ist, wie wenn man in einem stehenden Zug sitzt und der Zug neben einem losfährt und man für einen Moment das Gefühl hat, man bewegt sich selber.

Kann man die Irritation, die dieser Moment in einem auslöst, mit dem rückläufigen Merkur vergleichen?
Genauso ist es! Merkur ist durchschnittlich drei Mal im Jahr für drei Wochen rückläufig.

Wenn ich an meinen Social-Media-Feed denke, kommt es mir vor, als wäre er ständig rückläufig. Alle posten ständig über #mercuryinretrograde.
Ich finde es total wichtig, dass dieses Phänomen so populär geworden ist. Denn es ist neben dem Mond ein ganz einfacher Weg, sich mit dem zu verbinden, was im Universum passiert. Es gibt da ja sehr schöne Beispiele: Plötzlich brechen Internetverbindungen zusammen, E-Mails kommen nicht an, es gibt Missverständnisse – denn Merkur regiert die Technik und die Kommunikation. Wie kann man so einen rückläufigen Merkur heil überstehen? Indem man refokussiert und reorganisiert, keine Verträge unterschreibt und besser nicht heiratet. Ich wünsche mir, dass das irgendwann common sense ist in unserer Gesellschaft, dass du nicht der Bekloppte bist, wenn du sagst: Ich möchte diesen Vertrag nicht jetzt unterschreiben, denn Merkur ist rückläufig. Oder dass am Times Square auch eine Monduhr hängt, sodass alle wissen, es sind noch drei Tage bis zum Vollmond – aha – deshalb sind alle crazy. Dass wir für den Merkur wieder die gleiche Wertschätzung aufbringen wie für Hermès-Taschen. Und Hermes, der Götterbote, ist übrigens der Ruler von Merkur. Ich wünsche mir, dass wir das alte Wissen in die Verbindung mit der neuen Zeit bringen.

Da würden dir Skeptiker erneut widersprechen.
(Alexandra Kruse blickt in die Ferne. Sie grinst.)

Dein Blick spricht gerade Bände.
Ja also … Da könnte man genauso gut behaupten, die Erde dreht sich nicht. Wir spüren jeden Tag, wann die Sonne auf- und untergeht. Es ist doch offensichtlich wie der rote Bus in London, dass es Energien gibt, die auf uns wirken. Wenn Leute das bestreiten, ist das für mich Old-White-Men-Thinking. Damit kann ich mich überhaupt nicht identifizieren.

Ist Astrologie ein weibliches Phänomen?
Nicht unbedingt, aber Astrologie hat sehr viel mit Intuition zu tun, und das ist etwas sehr Weibliches. Der Mond ist per se ein weibliches Element und 2020 ist ein Mondjahr. Wenn Frauen auf ihre Stimme hören, kann ganz viel Veränderung in kurzer Zeit passieren, und genau dafür ist dieses Mondjahr da. Aber wo Frauen sind, ist auch ganz viel Chaos und ganz viel Moodiness: Der Mond verändert alle drei Tage seine Stimmung, das muss man erst mal aushalten können …

… und dann kommen noch unsere Hormone dazu!
Eben! Und dann hören wir den Vorwurf, die moody bitch zu sein. (lacht)

Sterne, Einhörner, Tarot … du zelebrierst diese spirituelle Seite von dir seit Jahren. Gab es auch einen Moment, in dem du dagegen angekämpft hast?
Ja, solche Widerstände gab es, und ich finde es wichtig, darüber zu sprechen. So ein spirituells Erwachen ist nicht easy. Ich könnte nicht so irre fröhlich und leichtfüssig daherkommen, wenn ich nicht die andere Seite kennen würde. Ich bin den schweren Weg gegangen.

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«Ich mache all das, was ich mache, für alle Frauen auf dieser Welt.»

Du hast in den letzten drei Jahren deinen Vater verloren und deine Schwester in den Tod begleitet.
Ja, I’ve been through shit. Die letzten drei Jahre meines Lebens – wow! – das war schon eine absolute Challenge. Und ich bin auch immer noch dabei, das zu verarbeiten. Meiner Erfahrung nach ist es nicht so, dass die Zeit heilt. Was heilt, ist das, was man in dieser Zeit macht. Meine Schwester ist an Gebärmutterhalskrebs gestorben, und wenn so etwas Schlimmes passiert, setzt man sich natürlich noch mal mit ganz anderen Fragen auseinander.

In so einem Moment wird man doch unglaublich wütend auf dieses Universum
Ja, klar. Aber was bringt denn das? Ich habe diese Wut gesehen, anerkannt, transformiert – und weitergemacht. Ich mache all das, was ich mache, für alle Frauen auf dieser Welt. Denn während so grosser Challenges erfährt man auch ganz viel Segen. Ich sehe es so, dass meine Schwester jetzt eine grössere Aufgabe auf einem anderen Planeten übernommen hat.

Die Uhr an der Wand klickt laut und wechselt die Zeit auf 11.11 Uhr. Kruse hält inne. «Wir machen eine 11.11-Uhr-Gedenkminute – für die Wahrheit, die Klarheit und für das Gesundheitssystem.» Sie schnippt mit Zeige- und Mittelfinger aneinander. «Warum genau diese Finger?», frage ich. «Das sind die Jupiter- und Saturnfinger. Bambambambambam.» Die Zeit wechselt auf 11.12 Uhr. Kruse sieht mich fokussiert an, Hari ist auf ihrem Schoss eingeschlafen.

Wie hat dich diese Erfahrung verändert?
Ich habe mehr Hochachtung vor meiner eigenen Leistung. Ich frage mich manchmal selber, wie ich das alles geschafft habe. Wie ich nebenbei noch Geld verdient habe und für meinen Sohn da war. Ich setze mich noch intensiver mit mir selbst auseinander. Und mit meinen Horoskopen möchte ich die Leute dazu inspirieren, das Gleiche zu tun. Ich glaube, wir haben verlernt, unserem natürlichen Instinkt zu folgen. Wir folgen lieber Google Maps als den Sternen. Das ist ein Fehler.

Weil die Sterne mehr wissen als Google?
Weil die Natur schlauer, grösser, klüger ist! Das zeigt uns Mutter Natur doch im Moment: An allen Ecken und Enden brennt und wackelt es. Mir ist das sehr bewusst. Und ich glaube, jeder, der sich länger als fünf Minuten mit mir beschäftigt, merkt deshalb auch, dass es bei mir um mehr geht als um bunte Gummibärchen. Ja, Astrologie kommt bei mir pink, plüschig und nahbar daher, aber das darf auch so sein. Es ist ein einziger grosser Lifehack, eine total praktische Lebenshilfe.

Praktische Lebenshilfe tönt sehr pragmatisch. Bist du also nicht magisch?
I am super magic.