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Dermatologin Liv Kraemer erklärt: Das müsst ihr über Sonnenschutz wissen

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Dermatologin Liv Kraemer erklärt: Das müsst ihr über Sonnenschutz wissen

Was gibt es beim Sonnenschutz zu beachten? Dermatologin Liv Kraemer erklärt, wieso wir uns jeden Tag vor UV-Strahlung schützen müssen – und was das mit der Müllabfuhr zu tun hat.

Schweizer:innen sind besonders gefährdet, an Hautkrebs zu erkranken. Einerseits, weil die UV-Strahlung in den Bergen hoch ist. Ausserdem reisen wir viel – oft in sonnige Länder. Pro Jahr erkranken hierzulande 25 000 Menschen an Hautkrebs. Liv Kraemer ist Dermatologin in Zürich und eine Art Sonnenschutzaktivistin. Für sie gehört der Sonnenschutz zu unserer täglichen Hautpflege. Kompromisslos.

annabelle: Liv Kraemer, was bewirkt UV-Strahlung in unserer Haut?
Liv Kraemer: UV-Strahlung verursacht fast achtzig Prozent der Hautalterung. UVA ist im Gegensatz zu UVB super energiereich und strahlt durch Fenster, ohne Energie zu verlieren. UVA – A wie Aging – dringt also ungefiltert in die tiefen Hautschichten ein und zerstört dort unser Kollagen, was sich unter anderem als Falten im Gesicht zeigt. Die Zerstörung weiterer Areale in der Haut führt wiederum zu Pigmenten und Rötungen. UVB – B wie Burning – beschert uns den Sonnenbrand und ist hauptverantwortlich für Hautkrebs.

Wie kann man sich am besten davor schützen?
Im Schatten aufhalten, lange Kleidung und einen Hut tragen und täglich, und damit meine ich 365 Tage im Jahr, einen Sonnenschutz mit mindestens SPF 30 und einem UVA-Schutz auftragen. Was nämlich kaum jemand versteht: Der SPF, also der Sun Protection Factor, zu Deutsch LSF, Lichtschutzfaktor, bezieht sich nur auf das Filtern von UVB. Ein SPF 30 filtert beispielsweise 97 Prozent der UVB-Strahlen, ein SPF 50 98 Prozent. Höhere Lichtschutzfaktoren führen übrigens nur in die Irre, keiner schützt zu hundert Prozent. Mittlerweile gibt es die Verordnung, dass bei jedem SPF auch ein Minimum an UVA-Schutzfilter drin sein muss. Daran halten sich aber nur wenige. Deshalb bei Produkten immer auch auf das UVA-Zeichen achten.

Welchen Sonnenschutzfaktor sollte man verwenden?
Mindestens SPF 30 mit UVA-Schutz. Ich bin da pragmatisch. Ich sage meinen Patient:innen, sie sollen lieber einen guten SPF 30 benutzen, den sie mögen und täglich auf ihr Gesicht und exponierte Hautstellen wie Hände auftragen, als einen SPF 50, der ihnen zu klebrig ist und den sie deshalb nur am Strand benutzen.

Wie verwendet man Sonnenschutz richtig?
Ich verlasse mein Badezimmer nie ohne UV-Schutz: Ich wasche mein Gesicht mit meinem Fruchtsäure-Waschschaum und trage meinen Sonnenschutz mit Antioxidantien auf – und allenfalls noch ein zusätzliches Serum mit Antioxidantien, wenn ich in einer Grossstadt unterwegs bin. Ich rate also allen, ihr Gesicht zu waschen, nach Bedarf ein Serum oder eine Crème zu verwenden mit Inhaltsstoffen, die ihren Bedürfnissen entsprechen, und dann den UV-Schutz. Make-up erst ganz zum Schluss. Produkte mit Retinol nur abends verwenden, die vertragen sich nicht mit der Sonne.

Welche Fehler kann man bei der Verwendung von Sonnenschutz machen?
Ihn nur in den Ferien zu benutzen. Dann schädigen Sie Ihre Haut 40 Tage nicht, die restlichen 325 Tage aber machen Sie es doch. Viele diskutieren mit mir über die Details von Sonnenschutzcrèmes, benutzen sie aber nicht jeden Tag. Damit ist die Diskussion für mich hinfällig.

Wie viel Sonnenschutz braucht das Gesicht und wie oft sollte man nachcrèmen?
Da liegen Theorie und Praxis leider weit auseinander. Als Dermatologin muss ich natürlich sagen: alle zwei Stunden mindestens einen Esslöffel auf das Gesicht auftragen … Ich bin aber schon glücklich, wenn jemand den UV-Schutz 365 Tage im Jahr aufträgt.

Brauchen auch ganz dunkle Hauttypen Sonnenschutz?
Ja. Denn die Mechanismen der UV-Strahlung sind bei jeder Hautfarbe gleich. Alle Sonnenschutzfilter, ob chemisch oder mineralisch, eignen sich für alle Hauttypen.

Was ist der Unterschied zwischen chemischen und mineralischen UV-Filtern?
Bei mineralischen beziehungsweise physikalischen Filtern handelt es sich um Titandioxide und Zinkoxide. Diese wirken wie Reflektoren, deshalb wirkt man auch so weiss oder grau, wenn man sie aufträgt. Chemische Filter, auch organische Filter genannt, wirken wie Wellenbrecher, die starke, energiereiche Strahlung in harmlose, energieärmere Strahlung verwandeln. In den USA sind weniger UV-Filter zugelassen als in Europa, deswegen werden dort vor allem Zinkoxide und Titandioxide verwendet. Europäischen Herstellern steht eine grössere Auswahl an neuen, besseren Filtern zur Verfügung. Dennoch werden als UVB-Filter oft Octocrylene und Homosalate verwendet, die zwar immer noch als sicher eingestuft werden, über die aber immer mehr Studien und Berichte veröffentlicht werden, die anprangern, dass sie unter anderem allergische Reaktionen auslösen können.

Welche Filter sind verträglicher?
Eine Sonnenschutzcrème mit verträglichen chemischen Filtern ist ebenso unbedenklich wie eine mineralische Sonnencrème. Sie hat sogar einige Vorteile, denn die modernen chemischen UV-Filter der europäischen Hersteller lassen sich deutlich leichter von der Hautoberfläche entfernen. Mineralische Filter verbleiben länger auf der Haut und können sich sogar in unserer Hornschicht ansammeln. Das führt dazu, dass mineralische Sonnenschutzprodukte die Haut austrocknen können. Letztlich muss man selbst entscheiden. Ich persönlich mag den weissen Film von mineralischen Filtern nicht so gern.

In der EU sind alle Filter als sicher eingestuft. Wird sich das ändern?
Aktuell nicht, nein. Denn wirklich negative Folgen lassen sich nicht aufzeigen. Die negativen Folgen, wenn jemand keinen Sonnenschutz verwendet, sind viel weitreichender.

Schaden UV-Filter der Umwelt?
Nicht mehr als Geschirrspülmittel, Waschmittel, Duschmittel und Co. Aber Octocrylene und Homosalate können durchaus Korallenriffe schädigen. Deshalb besser UV-Filter wählen, die diese nicht enthalten. Eines ist aber ganz klar: Am verträglichsten für unsere Meere ist es, wenn man seinen Körper beim Baden mit UV-Schutzkleidung bedeckt.

Warum sind viele nach wie vor nachlässig in Sachen Sonnenschutz?
Sie denken immer noch: Wenn die Sonne nicht scheint, brauche ich keinen Sonnenschutz. Da widersprechen aber sogar Erstklässler:innen. Denn die haben gelernt: Die Sonne scheint immer, sonst ist es Nacht.

Kann man Sonnenschäden der Haut reparieren, rückgängig machen?
Wenn ich jeden Tag UV-Schutz auftrage, bekomme ich weniger Hautschäden, und meine DNA-Reparaturmechanismen können langsam, aber stetig bereits entstandene Schäden beseitigen. Schauen Sie: Wenn ich jeden Tag, 365 Tage im Jahr, Müll auf die Strasse werfe, die Müllabfuhr aber im Laufe der Jahre immer weniger kommt, wird es schwierig. Wenn ich dagegen aufhöre, meinen Müll auf die Strasse zu werfen, wird es langsam besser. Das verhält sich mit dem UV-Schutz genauso.

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