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Die Sexfrage: Wieso verknallen wir uns in One-Night-Stands?

Liebe & Sex 

Die Sexfrage: Wieso verknallen wir uns in One-Night-Stands?

Alle zwei Wochen beantwortet Paar- und Sexualtherapeutin Bettina Disler eine Frage zum Thema Liebe oder Sex. Heute geht es darum, warum man sich nach einer gemeinsamen Nacht verliebt fühlt.

Es ist nicht zwingend so, dass man sich in einen Menschen verliebt, nur weil man mit ihm zusammen eine Nacht verbracht hat. Doch es kann passieren. Die Chancen dazu sind dann besonders hoch, wenn ein paar Faktoren zusammenspielen. In den meisten Fällen gehen einem Verknallen in einen One-Night-Stand bestimmte Gemütsverfassungen wie Langeweile, Frust, Traurigkeit oder Euphorie vor.

Bei Langeweile sucht man in einem One-Night-Stand nach einem Kick, einem neuen Inhalt, um eine bestehende Leere zu füllen. Begegnet man dann jemand Interessanten und taucht für eine Nacht in dessen Welt ein, will man diese Person nicht mehr so leicht loslassen und ist geflasht von der neuen Lebendigkeit. Es ist beinahe so, als ob man ein Türchen öffnet und den frischen Wind eines aufregenden Lebens einatmet. Wenn uns jemand Neues berührt, empfinden wir naturgemäss die Berührungen auch als neu. Dadurch spüren wir uns wiederum selbst auf eine andere, vielleicht noch nie da gewesene Art und Weise. Bei einem solchen One-Night-Stand ist es dann fast so wie bei einem guten Film: Man möchte nicht, dass er aufhört und möchte ewig weiter schwelgen in diesem Gefühl, wie das Leben auch noch sein könnte.

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«Im Rausch der Unbeschwertheit verknallen wir uns nicht primär in unser Gegenüber, sondern in die Rolle, die wir dabei spielen»

Beim Sex wird zudem das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet, das so viel sagt wie: Du bist nicht mehr allein (und somit in Sicherheit). Besonders bei Frust und Traurigkeit ist das ein willkommener Durstlöscher, denn nach einer vorangehenden Oxytocin-Entzugsphase fühlt sich ein «Körper-an-Körper-Erlebnis» erst recht gut an und das Gegenüber wie ein Rettungsanker. Diese Hilfe-wer-rettet-mich-Haltung lässt Betroffene schnell in eine Abhängigkeit fallen, die dann oft mit Verknalltsein verwechselt wird.

Sich verknallen ist nichts anderes als ein Hormoncocktail, der im Körper wirkt, also ein Zustand vergleichbar wie unter Drogeneinwirkung. Und One-Night-Stands passieren nicht selten im Ausgang, wenn Alkohol oder andere Drogen im Spiel sind, die uns locker machen, euphorisch stimmen, sodass wir leichter unvoreingenommen auf Fremde zugehen. Und vor allem wollen wir das Glücksgefühl unbedingt mit jemanden teilen. Befindet man sich also vor einem One-Night-Stand ohnehin schon in euphorischer Stimmung, wo bereits Serotonin, Dopamin und Adrenalin im Einsatz sind, steht dem sich verknallen nicht mehr viel im Weg. Wir zeigen uns von unserer besten Seite, experimentieren und riskieren mehr, weil es in diesem Moment nichts zu verlieren gibt. Der Reiz, dass das Gegenüber vielleicht bald für immer weg sein könnte, verstärkt das Verlangen, erst recht jede Minute auszukosten. Komplimente sprudeln nur so, man fühlt sich begehrt und frei zugleich.

In diesem Rausch der Unbeschwertheit verknallen wir uns nicht primär in unser Gegenüber, sondern in die Rolle, die wir dabei spielen: In unseren Mut, anders zu sein, als wir es uns gewohnt sind. In unser Selbstbewusstsein. In ein Jetzt ohne morgen.

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Austrian

Weshalb gefallen mir “Die Sexfrage” Artikel immer wieder so? Weil die Autorin ein vielen von uns bekanntes Phänomen nimmt (wie hier ‘verknallen in One-Night-Stands’), und dann (meist mit tollen Analogien) die Mechanismen dahinter erklärt. Was nicht verhindert, dass man sich in einen One-Night-Stand verknallt (ist ja auch nicht per se etwas schlechtes), aber erlaubt, dass man dann die Situation und Gründe ein wenig besser verstehen kann.