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8 Büchertipps für die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr

Literatur & Musik

8 Büchertipps für die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr

Ob die Leseliste 2021 noch einige Einträge vertragen könnte oder einfach so richtige Schmöker-Stimmung herrscht: Wir stellen euch acht aktuelle Bücher für die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr vor.

Roman: «Miss en place» von Sarah Satt

Sofia soll ab sofort übers Essen schreiben. Dabei hat die junge Musikjournalistin nicht die geringste Lust, sich statt Billie Eilish und Festivalkritiken künftig Notizen über Kürbisschäumchen und Liebstöckel-Crème-brûlée zu widmen. Erst durch die unkonventionelle Köchin Mari entdeckt sie, wie wunderbar Genuss- und Klangwelten harmonieren. Neue Chancen für eine alte Liebe verleihen Sofias pop-rockig untermalten Abenteuern zusätzlich Pfeffer. Eine vergnügliche «Kulinatour» für alle, die Mehrgänger Tiefgängern vorziehen.

 

Sarah Satt: Miss en place. Christian-Seiler-Verlag, Wien 2021, 302 Seiten, ca. 37 Fr.

Roman: «Komplizinnen» von Lola Lafon

Cléo wird entdeckt: Eines Tages empfängt sie nach dem Tanzunterricht eine glamouröse Dame, die ihr von einem Stipendium vorschwärmt, das ihr die Bühnen der Welt öffnen und einen Weg aus der spiessigen Vorstadt ermöglichen soll. Die knapp 13-Jährige ist begeistert und zu jeder Anstrengung bereit. Bis zu einem Treffen mit den Juroren. Danach ist nichts mehr, wie es war. Als eine Dokumentarfilmerin dreissig Jahre später nach Zeuginnen jener von Champagner und Kaviar begleiteten Treffen mit dem angeblichen Prüfungskomitee sucht, starrt nicht nur Cléo in den Abgrund ihrer Erinnerungen. Lola Lafon erzählt aus einer Vielzahl von Perspektiven, was #MeToo wirklich bedeutet. Wie sich ein Leben weiterlebt, wenn Verletztsein, Ohnmacht und Scham alles vergiften, selbst die Liebe von Menschen, die davon nichts ahnen. Ein unsentimentales Plädoyer gegen das Vergessen und eine Hommage an jene, die aus dem Schatten zu treten wagen.

 

Lola Lafon: Komplizinnen. Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke. Hanser-Berlin-Verlag, Berlin 2021, 286 Seiten, ca. 33 Fr.

Roman: «Vierunddreissigster September» von Angelika Klüssendorf

In einer Silvesternacht rammt Hilde ihrem Angetrauten ein Beil in den Kopf. Warum? Das würde Walter nach vierzig Ehejahren auch gern wissen. Während er in seiner neuen Umgebung werweisst, ob seine Frau aus Gnade oder aus Rache gehandelt hat, wursteln die Erdlinge weiter. Miniporträts aus einem Kaff, das die Welt widerspiegelt, die selbst den Toten ewige Rätsel aufgibt. Ein schlauer, tiefschwarz-komischer Roman über das Zusammenleben, bis dass der Tod uns scheidet – und darüber hinaus.

 

Angelika Klüssendorf: Vierunddreissigster September. Piper-Verlag, München 2021, 217 Seiten, ca. 32 Fr.

Roman: «Der Nachtwächter» von Louise Erdrich

Ein Reservat im North Dakota der Fünfzigerjahre. Die US-Regierung hat ein Gesetz verabschiedet, wonach den indigenen Völkern die Souveränität aberkannt und der letzte Besitz genommen werden soll. Der Grossvater der Autorin gehört zu jenen, die sich dagegen wehren. Inspiriert von seinen Briefen verwandelt Louise Erdrich knochentrockene Geschichte in lebenspralle Geschichten. Ein vielstimmiger Roman über Menschen, die meistens als wandelnde Klischees oder Opfer dargestellt werden.

 

Louise Erdrich: Der Nachtwächter. Aus dem Amerikanischen von Gesine Schröder. Aufbau-Verlag, Berlin 2021, 488 Seiten, ca. 28 Fr.

Krimi: «Mein Lieblingstier heisst Winter» von Ferdinand Schmalz

«Rehragout» heisst das Zauberwort. Damit füllt Franz seit Jahren die Tiefkühltruhe eines Kunden – und das flüstert er entsetzt, während er Erde auf seinen Sargdeckel fallen hört. Begonnen hatte alles mit einer verschwundenen Leiche. Die skurrilen Figuren, mit denen Ferdinand Schmalz seinen Krimi bevölkert – Besserbemittelte mit Ewigkeitsambitionen, eine Zahnärztin mit Geheimnissen und ein Kanarienvogel mit tragischem Schicksal – sind das eine. Das andere ist der komplett irre Plot, der in seiner ganzen Verrücktheit völlig plausibel wirkt. Dazu kommt der eigenwillige, hochkomische Stil des Wiener Autors. Der krönt sein Wunderwerklein mit einem hollywoodtauglichen Showdown in einem Dinosaurierpark und macht das mörderische Vergnügen damit perfekt.

 

Ferdinand Schmalz: Mein Lieblingstier heisst Winter. S.-Fischer-Verlag, Frankfurt a. M. 2021, 190 Seiten, ca. 34 Fr.

Roman: «Seitenwechsel» von Nella Larsen

Irene ist hellhäutig genug, um gelegentlich in Etablissements zu verkehren, die eigentlich Weissen vorbehalten sind. Dort trifft sie Clare, für die dasselbe gilt. Doch während Irene mit ihrer Familie sich sonst in der relativen Sicherheit der schwarzen Oberschicht Harlems bewegt, hat Clare radikal die Seiten gewechselt: Sie ist mit einem reichen weissen Rassisten verheiratet, der nichts von ihrer Herkunft ahnt. Die Leben der Frauen verstricken sich miteinander, wodurch Clare in Gefahr sowie Irenes Ehe und Selbstverständnis ins Wanken geraten. Nella Larsen zeigt, wie riskant es ist, Grenzen zu überschreiten – freiwillige und aufgezwungene.

 

Nella Larsen: Seitenwechsel. Aus dem Amerikanischen von Adelheid Dormagen. Dörlemann-Verlag, Zürich 2021, 224 Seiten, ca. 20 Fr.

Biografien: «100 Autorinnen in Porträts»

Über Schriftsteller der Vergangenheit gibt es Lexikoneinträge zuhauf. Dieses Kompendium widmet sich Autorinnen der Gegenwart. Die hundert Porträts umfassen zwar auch Pionierinnen wie die erste griechische Dichterin Sappho oder Mary Shelley, die der Welt Frankenstein schenkte. Doch so richtig punktet diese Sammlung mit viel O-Ton im Hier und Jetzt. Wer wissen möchte, weshalb Virginie Despentes Pornos für angsthemmend hält, und welche Unterhaltungen Hilary Mantel mit ihren Figuren aus dem Tudor-England führt, erfährt darüber alles und mehr. Ein Nachschlagewerk und Lesebuch zugleich.

 

V. Auffermann, J. Encke, G. Kübler, U. März, E. Schmitter: 100 Autorinnen in Porträts. Piper-Verlag, München 2021, 585 Seiten, ca. 37 Fr.

Gedichte: «Die Toten von Spoon River» von Edgar Lee Masters

Was, wenn die Toten sprechen könnten? Genau das tun die Ex-Einwohner von Spoon River in Edgar Lee Masters’ klassischer Gedichtsammlung. Manche erzählen von den Umständen ihres Todes. Andere waschen schmutzige Wäsche, was etwa Mrs. Kessler hienieden tatsächlich getan hat, wobei sie so einiges über ihre Nachbarn erfuhr. Sie bereuen, hadern oder sind froh, endlich drüben zu sein: ein hinreissendes Panoptikum der menschlichen Existenz.

 

Edgar Lee Masters: Die Toten von Spoon River. Aus dem Amerikanischen von Claudio Maira. Jung-&-Jung-Verlag, Salzburg 2020, 560 Seiten, ca. 57 Fr.

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