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Astrophysikerin Audrey Vorburger: Sind wir allein im All?

Astrophysikerin Audrey Vorburger: Sind wir allein im All?

Existiert noch anderes Leben im Weltall? Die Berner Astrophysikerin Prof. Audrey Vorburger über eine der grossen Fragen der Menschheit.

«Auf die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass noch anderes Leben im Weltall existiert, gibt es nur eine wissenschaftlich korrekte Antwort: Wir wissen es nicht. Insbesondere deswegen, weil nicht alle Faktoren bekannt sind, um diese Frage zu beantworten. Es ist nämlich schlichtweg noch nicht erwiesen, welche exakten Vorgänge notwendig sind, damit Leben überhaupt entsteht – wie also aus unbelebter lebendige Materie wird. Daher ist es auch nicht möglich, eine Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von Leben jenseits der Erde zu berechnen.

Natürlich werden dazu Studien durchgeführt. Ein erstes bahnbrechendes Experiment stammt von Stanley Miller aus den 1950er-Jahren. Er simulierte die Zusammensetzung der Atmosphäre der Ur-Erde und untersuchte, ob durch gezielte Blitzeinschläge organische Verbindungen erzeugt werden können. Es zeigte sich, dass sich mit der Zeit Aminosäuren, also Grundbausteine des Lebens, bildeten. Das ist zweifellos interessant, aber es reicht nicht. Für eindeutige Aussagen benötigen wir das eine grosse Schlüsselexperiment, das tatsächlich demonstriert, wie Leben entsteht.

Im Hinblick auf ausserirdisches Leben existiert noch ein anderer Denkansatz. Er besagt, dass es unwahrscheinlicher ist, dass wir in diesem unendlich grossen Universum allein sind, als dass wir es nicht sind. Er beruht auf der Annahme, dass unsere Entstehung nicht so aussergewöhnlich gewesen sein kann, als dass sie nur einmal stattgefunden hätte.

Es gibt heute drei Herangehensweisen, mit denen man nach ausserirdischem Leben sucht: Der erste Ansatz konzentriert sich auf die Suche nach fremden Technologien. Das mag nach Sciencefiction klingen, findet aber tatsächlich statt: Man fahndet nach Signalen einer hoch entwickelten Zivilisation, vielleicht sogar einer künstlichen Zivilisation in weit entfernten Regionen des Universums. Der zweite Ansatz widmet sich der Suche nach Leben auf Exoplaneten, das sind Himmelskörper, die andere Sterne umkreisen.

Dabei liegt der Fokus insbesondere auf deren Atmosphären, um nach Anzeichen biologischer Aktivität zu suchen, die auf Leben hindeuten. Der dritte Ansatz will Spuren von Leben in unserem eigenen Sonnensystem finden, wie das bei Missionen auf den Mond oder den Mars der Fall war. Aktuell richtet sich das Interesse verstärkt auf die Monde von Jupiter und Saturn, da diese unter ihrer Oberfläche riesige Ozeane beherbergen, welche alle bekannten Voraussetzungen für einfache Lebensformen bieten.

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"Die Wahrscheinlichkeit, dass wir anderes Leben verpassen, ist äusserst hoch"

Prof. Audrey Vorburger

Mehr Wissen erhoffen wir uns von der Raumsonde Juice, die im Frühling 2023 zu drei Monden von Jupiter aufgebrochen ist, um diese aus der Nähe zu erforschen. Bei dieser Mission der Europäischen Weltraumagentur – an der ich mit meinem Team mit einem Massenspektrometer beteiligt bin – werden wir nach chemischen Ungleichgewichten suchen, die auf Leben hindeuten können. Wenn alles läuft wie geplant, kann sie 2031 die ersten Resultate senden.

Neben den zahlreichen Herausforderungen, welche die Suche nach ausserirdischem Leben mit sich bringt, spielt auch der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle. Man muss sich vor Augen führen: 99.99 Prozent der Zeit existierte die Erde ohne menschliches Leben. Es vergingen rund eine halbe Milliarde Jahre, bis auf der Erde erste einfache Mikroorganismen entstanden. Weitere beinahe zweieinhalb Milliarden Jahre, bis sich daraus mehrzelliges Leben entwickelte. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir anderes Leben verpassen, ist also äusserst hoch.

Wir wissen heute, dass auf Venus und Mars einst Ozeane existierten. Etwas störte dann jedoch das Gleichgewicht, was diese Ozeane verdampfen liess und diese einstmals bewohnbaren Welten in unbewohnbare verwandelte. Vor diesem Hintergrund ist es übrigens unter Astrophysiker:innen keine Frage, dass die Klimakrise eine umgehende Reaktion der Weltgemeinschaft benötigt.» – Prof. Audrey Vorburger

Audrey Vorburger arbeitet als Physikerin und Planetenforscherin und ist Assistenzprofessorin am Physikalischen Institut an der Universität Bern. Sie ist die wissenschaftliche Leiterin des Massenspektrometers auf der Juice-Mission.

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