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Penélope Cruz und Antonio Banderas: «Beim Dreh mussten wir ständig lachen»

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Penélope Cruz und Antonio Banderas: «Beim Dreh mussten wir ständig lachen»

Beide stammen aus Spanien und haben Hollywood erobert: Penélope Cruz und Antonio Banderas. Ein Gespräch über ihren gemeinsamen Film «Official Competition» und über die Tücken und Freuden ihres Berufs.

Es war der witzigste Film, der in den letzten Jahren in Venedig im Wettbewerb zu sehen war. «Official Competition » (deutscher Titel: «Der beste Film aller Zeiten») überraschte als herrliche Satire über das Filmgeschäft und die Eitelkeit des Schauspielerdaseins.

In den Hauptrollen demontieren Penélope Cruz, Antonio Banderas und Oscar Martínez furchtlos ihren eigenen Status als Stars: Cruz spielt eine bizarre Regisseurin, Banderas einen Hollywood-erfahrenen Schauspieler-Gockel.

Bei der Premiere gab es neun Minuten Standing Ovations – und für uns am nächsten Tag ein Gespräch mit Antonio Banderas und Penélope Cruz. Schon das Setting für das Treffen mit den zwei berühmtesten spanischen Schauspielstars war ein Traum: Auf einer versteckten Dachterrasse des verwunschenen Hotels Excelsior, mit Blick über die Lagune bis zum Markusplatz.

Banderas – mit Dreitagebart und Dreitage-Stoppeln auf dem Kopf – überraschen wir dabei, wie er lauthals einen Song schmettert, aus Vorfreude auf die Premiere eines Musicals in seinem Theater in Málaga, erklärt der Sechzigjährige gut gelaunt. Damenhaft wie immer sitzt Penélope Cruz (47) neben ihm, in einem schulterfreien Chanel-Top in Schwarz-Weiss und wie immer von exquisiter Schönheit.

annabelle: Antonio Banderas, wie haben Sie die Pandemie hinter sich gebracht? Hatten Sie eine harte Zeit?
Antonio Banderas: Wegen meiner Corona-Infektion? Man bekommt ja den Eindruck, dass fast alle schon Covid hatten, so viele haben sich inzwischen angesteckt. Davon abgesehen hatte ich eine sehr gute Zeit: Ich habe an meinem Theater in Málaga tolle Sachen ausprobiert, wir haben ein Symphonie-Orchester mit fünfzig Musiker:innen gegründet und vor allem für Menschen, die in Altersheimen leben, Konzerte gespielt. Natürlich alles mit Hygiene-Konzept!

Wann und wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt, über Ihren Entdecker, Regisseur Pedro Almodóvar?
Penélope Cruz: Nein, das war, als ich 19 war und gerade in die USA gegangen bin. Lustigerweise war Antonio mein Nachbar in New York …
Banderas: … und als du dann auch nach Los Angeles gekommen bist, war ich dort schon ziemlich etabliert, eigentlich sind wir seitdem befreundet.

Gehören Wettbewerb und Erfolg zusammen? Kann man so erfolgreich sein wie Sie, ohne Kolleg:innen rechts und links auszustechen?
Banderas: Ja, davon bin ich überzeugt! Man kann in unserem Gewerbe Erfolg haben, ohne mit anderen im Wettbewerb zu stehen. Vielleicht bin ich aber nur deswegen überzeugt, weil ich kein besonders grosses Ego habe. Dafür war ich immer schon viel zu schüchtern und unsicher.

Sie – schüchtern und unsicher?!
Banderas: Oh ja. Ich bin inzwischen aber auch recht gut darin, allen vorzumachen, ich wäre total selbstsicher. Aber in mir drin siehts anders aus: Jedes Mal, bevor ich eine Bühne betrete oder am Set das Wort Action höre, erzittere ich vor Angst. Das war immer schon so und hat sich über die Jahre nicht gebessert. (lacht) Daher: Ich denke im Job nicht daran, besser zu sein als andere, sondern will einfach nur die Situation überstehen und sicher auf der anderen Seite ankommen.

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Penélope Cruz, wie sehen Sie das: Belebt erst die Konkurrenz das Schauspiel- Geschäft?
Cruz: Ich glaube, es ist gerade die eigene Unsicherheit, die viele in sich tragen, die zu einer Art Wettbewerb führt. Aber es bringt nichts, besser sein zu wollen als die andere Person, mit der man eine Szene spielt. Gerade beim Film gilt: Wenn ein Part nicht funktioniert, funktioniert die ganze Szene nicht. Ich glaube, den Wettbewerb in der Schauspielerei führt man insbesondere gegen sich selbst, um immer besser zu werden.
Banderas: Wettstreit will klären, wer besser ist: Jemand gewinnt, jemand verliert. Damit wir uns weiterentwickeln, müssen wir jedoch mit unseren Kolleg:innen arbeiten, nicht gegen sie. Wer Teammitglieder am Set auffressen will, wird bald ein sehr einsamer Mensch sein.

Haben Sie es nie erlebt, dass Kolleg:innen auch mal zubeissen?
Banderas (lacht): Natürlich habe ich manche erlebt, die sich in den Vordergrund drängen. Ich hatte mal eine spanische Kollegin, die sich in den Szenen langsam immer mehr in Richtung Kamera bewegte, um möglichst deutlich im Bild zu sein. Wer im Film strahlen will, braucht andere Qualitäten.

In «Official Competition» nehmen Sie Ihren eigenen Berufsstand aufs Korn. Haben Sie selbst auch ein paar Macken, Manierismen und miese Erfahrungen mit ins Skript eingebracht, ein paar unangenehme Wahrheiten aus dem Filmbusiness?
Banderas: Oh ja. Ich habe in diesem Beruf schon so verrückte Dinge erlebt! Ein Schauspieler hat vor jeder Szene laut wie eine Kuh gemuht. Aber richtig laut! «Muuuuh!» Er hat wohl die Stimmwege freimachen wollen, keine Ahnung. Ich habe ihn ganz schnell gefragt, ob er das bitte lassen könnte. Und am Theater in Madrid stand ich mal mit einer Dame auf der Bühne, die immer wild und ohne Vorwarnung Worte ausstiess wie «Carrrrrrrrrrtagena!». Manche Leute sind schon sehr seltsam drauf!
Cruz: Viele Schauspielende zeichnen sich auch durch eine sehr subtile Form von Eitelkeit aus. Sie geben sich gern besonders intellektuell. Und manche meinen ihre Arroganz mit übertriebener Demut kaschieren zu können. Sie haben gemerkt, dass Demut gut ankommt, und glauben, so authentischer und sympathischer rüberzukommen. Da will sich das Ego mit Bescheidenheit schmücken und alle sollen es sehen.

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«Ein Schauspieler hat vor jeder Szene laut wie eine Kuh gemuht. Aber richtig laut! Muuuuh!»

Antonio Banderas

Penélope Cruz, Ihr erster US-Film war «All the Pretty Horses» im Jahr 2000. Dabei soll Hollywood schon 1992 nach Ihrem Debüt «Jamón, Jamón » auf Sie scharf gewesen sein, oder nicht?
Cruz (zögert): Ich habe in Hollywood auch sehr unangenehme Situationen erlebt. Das passiert wohl allen Frauen. Mir wurde damals ein grosser Film angeboten – eine fantastische Chance für eine knapp zwanzigjährige Newcomerin aus Spanien. Das Drehbuch gefiel mir, ich flog nach Los Angeles, um den Vertrag zu unterzeichnen. Aber dort wurden mir plötzlich völlig neue Unterlagen unter die Nase gelegt, unter anderem mit ein paar extrem pikanten Szenen, die vorher nicht im Skript waren. Ich war so wütend und habe die Produzenten zur Rede gestellt. Erst versuchten sie sich rauszureden, dann setzten sie mich unter Druck: Sie hätten mich extra eingeflogen, ich solle mich nicht so anstellen. Daraufhin habe ich Hollywood erst mal den Rücken gekehrt.

Sie hatten keine Zweifel, ob Sie das Richtige tun?
Cruz: Ich werde nie vergessen, wie wunderbar es sich angefühlt hat, wieder im Flieger nach Madrid zu sitzen und meine Würde bewahrt zu haben. Ich schaute aus dem Fenster und wusste, dass ich mein ganzes Leben lang stolz sein würde auf diese Entscheidung. Diese Prüfung gab mir Stärke und Selbstbewusstsein. Ich wusste, dass zuhause meine Familie auf mich wartet und dass mir nichts passieren kann.

Was war das Allerheftigste und Unverschämteste, was Sie je erlebt haben, Antonio Banderas?
Banderas: Das ist schon viele Jahre her und ich nenne natürlich keine Namen. Aber einmal hat ein Regisseur mir für eine Probe seine Schwester ins Bett gelegt. Ich bin fast ausgeflippt!

Bitte was?
Banderas: Es gab im Skript eine Bettszene zwischen meiner Figur und einer Frau. Der Regisseur kam plötzlich mit der Idee um die Ecke, dass bei den Proben einfach seine Schwester zu mir ins Bett schlüpfen könnte. Ich war so sauer! Aber er zwang mich. Ich lag mit seiner Schwester zusammen nackt im Bett und musste die Szene proben. Es lief natürlich nichts!

«Einmal hat ein Regisseur mir für eine Probe seine Schwester ins Bett gelegt. Ich bin fast ausgeflippt!»

Antonio Banderas

Und was sagte die Schwester dazu?
Banderas: Für sie schien das alles sehr okay zu sein!

Penélope Cruz, Sie haben schon ein paar Mal Regie geführt. Jetzt spielen Sie eine sehr von sich eingenommene, empathiefreie, forsch-freche Filmemacherin, eine Art boshafte Pippi Langstrumpf, die es mit zwei männlichen «Primadonnen» aufnimmt …
Cruz: … und ich bin der Boss, ganz klar! Ich habs so genossen, die beiden herumzukommandieren. Meine Mutter behauptet ja, ich könnte auch im echten Leben ziemlich pushy und bestimmend sein – aber nie so wie Lola! Lola will alle manipulieren, bis die zwei Kerle sich in diesem Dschungel der Eitelkeiten an die Gurgel gehen. Wir haben viel improvisiert, vor allem im Teil, in dem ich Anweisungen gebe. Wir hatten besprochen, dass ich völlig freie Hand habe, und ich habe das auch kolossal ausgenutzt. Dass ich zwei der besten Schauspieler der Welt auf meine wahnsinnigen Regie-Ideen reagieren lasse, war so ein Spass! Es ist fantastisch, was die beiden daraus machten!
Banderas: Wir waren so devot und haben alles mit uns machen lassen.

Ihre Kollegin hatte die Carte blanche für alle Unverschämtheiten. Konnten Sie da überhaupt noch ernst bleiben?
Banderas: Wir mussten ständig unterbrechen, weil einer von uns gelacht hat! Bei ein paar Szenen dachte ich, dass wir sie nie im Leben in den Kasten bekommen.

Lola sagt an einer Stelle, dass sie nie Kinder haben möchte, «die lenken nur von der Karriere ab». War es für Sie schwierig, so ein Statement über die Lippen zu bringen?
Cruz: Absolut, das ist so fremd und so unwahr für mich. Ich habe ja zwei Kinder und für mich sind sie eine Quelle der Inspiration. Ich drehe auch viele Filme mit Kindern. Es gibt nichts Schöneres, find ich, Kinder sind doch das Beste an dieser Welt! Als wir diese Szene drehen wollten, mussten wir auch einige Male ansetzen, weil ich so lachen musste.

War es in den über zwanzig Jahren Erfolg auch mal schwierig, Ihr eigenes Ego in Schach zu halten?
Cruz: Eigentlich nicht. Ich habe eine sehr enge Beziehung zu meiner Familie, und wenn mir der Erfolg zu Kopf gestiegen wäre, hätte meine Mutter mir sofort den Vogel gezeigt. Meine Mutter ist eine sehr lebenskluge Frau und voller Weisheit.
Banderas: Ein Dämpfer und auch ein Denkzettel war sicher mein Herzinfarkt vor vier Jahren. Ich lebe mittlerweile wieder in meiner Heimatstadt Málaga und spaziere da ganz normal auf der Strasse entlang. Wenn jemand mich erkennt und «Hola, Antonio» ruft, dann winke ich der Person zu. Aber sonst ist mein Leben völlig unauffällig und normal. Wobei ich schon zugeben muss, dass ich auch andere Phasen hatte. Da habe ich viele Fehler gemacht und wusste überhaupt nicht, wie ich mit dieser neuen Situation des plötzlichen Ruhms umgehen soll. Als der Erfolg in Hollywood einsetzte, habe ich erst mal Bodyguards engagiert. Völlig falsch – das erregt nur mehr Aufmerksamkeit! Damit habe ichs mir schwerer gemacht als nötig. Irgendwann habe ich das hinter mir gelassen. Jetzt brauche ich nicht mehr viel für ein glückliches Leben.

Sie sind glücklich mit der Niederländerin Nicole Kimpel liiert, geniessen Andalusien und gehen in Ihrem «Teatro del Soho» auf. Was hat Sie zum Glück geführt, Penélope Cruz?
Cruz: Ein paar Jahre waren schon eher verrückt. Aber jetzt leben wir zu viert in einer ruhigen Gegend ausserhalb von Madrid. Dort sind die Menschen sehr nett zu uns. Die Fotograf:innen gehen mittlerweile sehr respektvoll mit meinem Privatleben um. Man hat es auch selbst in der Hand, wie verrückt die Medien mit einem umgehen. Stressig wird es lediglich, wenn ich Filme drehe, aber das ist ja nur ein- oder zweimal im Jahr.

Sie führen jetzt also ein ganz idyllisches, ruhiges Leben?
Cruz: Ja, ich bin die meiste Zeit zuhause. Ich weiss das Glück zu schätzen, dass mein Beruf mir die Zeit gibt, für die Familie da zu sein. Meine Priorität sind die Kinder. Und ich bin eine ganz normale Mutter, die ihre Kids zur Schule bringt und mit ihnen in den Park geht. Wir gehen wie alle anderen im Supermarkt einkaufen und verbringen gerne Zeit zuhause. Ich koche leidenschaftlich gern. Ich gehe wirklich darin auf, ein ganz normales Familienleben zu führen.

«Ich gehe wirklich darin auf, ein ganz normales Familienleben zu führen»

Penélope Cruz

An einer Stelle der Satire sagt Antonios Figur: «Viele spanische Schauspieler gehen nach Hollywood, weil Latinos gerade sehr gefragt sind.» Nehmen Sie sich damit selbst auf den Arm?
Banderas: Ich weiss noch genau, was mir gesagt wurde, als ich nach Hollywood wollte: «Dort wirst du dein ganzes Leben lang nur die Bösewichte spielen! Schwarze und Latinos sind immer nur die Bösen!» Kurz danach setzte ich die Zorro-Maske auf und hängte ein Cape um – und der Bösewicht des Films war blond und blauäugig. So viel dazu! (lacht) In den vergangenen dreissig Jahren hat sich Hollywood wahnsinnig geändert. Schauen Sie sich doch meine werte Kollegin Penélope oder Javier Bardem an …

… die in diesem Jahr beide auch noch für einen Oscar nominiert sind. Aber Sie waren einer der ersten Spanier dort. Haben Sie den Weg geebnet?
Banderas: Wir alle haben hart dafür gearbeitet. Wir wollten unsere Community stolz machen und auch unsere Würde bewahren. Inzwischen ist die kulturelle Diversität längst eine Selbstverständlichkeit geworden. Es ist keine Überraschung mehr, wenn ein Spanisch sprechender Regisseur einen Oscar gewinnt. Als ich in Hollywood anfing, hat das noch anders ausgesehen.

 

«Official Competition» ist ab sofort im Kino zu sehen.

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