
Kaffee belastet die Umwelt mehr als wir denken. Unsere Autorin Stephanie Hess weiss, was zu tun ist.
Manchmal, wenn Mann und Kind am Morgen maximal nerven und ich mich unter der Dusche frage, was genau mein Problem ist, realisiere ich, dass es wohl vor allem darin besteht, dass ich mir noch keinen Kaffee einverleibt habe. Er hebt mein Gemüt, gibt dem Tag ein Fundament.
Bitter nur, dass die nicht nur für mich, sondern für die ganze Gesellschaft so wichtige Brühe, ihr ganzer Herstellungsprozess, im Grunde blanker Nachhaltigkeitshorror sind. Insbesondere, wenn man in Betracht zieht, dass sie als Genussmittel nicht lebenswichtig ist (was viele kokettierend verneinen würden – ich auch, morgens unter der Dusche). Der Anbau von Kaffee, sein Transport und seine Zubereitung sind für zehn Prozent (!) der gesamten Umweltbelastung durch Ernährung verantwortlich. Das ist fast so viel, wie Milchprodukte verursachen, und bedeutend mehr als Getreide (sechs Prozent) oder Gemüse (drei Prozent).
«Viel Geld verdient man mit den Bohnen erst nach der Röstung»
Darin nicht einmal eingerechnet sind die sozialen Folgen: Der «Spiegel» kam 2017 in einer grossen Recherche zum Schluss, dass das Kaffeegeschäft ohne Ausbeutung und Kinderarbeit nicht funktionieren würde. Denn für hundert Kilo Bohnen erhalten Pflücker: innen in Guatemala gerade mal fünf Franken.
Viel Geld verdient man mit den Bohnen erst nach der Röstung, und diese erfolgt fast immer in den Industrieländern, die diese Märkte abriegeln: Rohkaffee kann nämlich zollfrei importiert werden, für geröstete Bohnen bezahlt man bei der Einfuhr in die Schweiz 600 Franken pro 100 Kilo. Man könne das Kaffeeprotektionismus nennen – oder auch schlicht Kolonialismus, konstatiert der «Spiegel».
Was tun? Bohnen kaufen, die in den Herkunftsländern geröstet wurden (etwa bei gebana.ch). Ansonsten solche mit Fairtrade- und Bio-Label. Kapseln und Maschinen (Aluminium und Energieverbrauch) sowie Pappbecher weglassen, French Press, Filterkaffee und jenen aus der Caffettiera bevorzugen. Und: auf die eine oder andere Tasse verzichten. Für den familiären Frieden besser nicht auf die erste des Tages.
Bin seit 37 Jahren Vegetarierin und lebe praktisch vegan.
Dann darf ich wohl noch Kaffee trinken.