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Drei Geburtserfahrungen: «Der Arzt kam direkt von der Silvester-Party»

Familie

Drei Geburtserfahrungen: «Der Arzt kam direkt von der Silvester-Party»

In der Rubrik «Birthday» sprechen wir mit Frauen aus der Schweiz über die Geburt ihrer Kinder. Über die grossen und kleinen Dramen – und über das grosse Glück.

Zarina Iwanow* (53) über die Geburt ihrer Tochter (25)

«Es war der Abend vor Silvester, der 30. Dezember 1995, als meine Wehen einsetzten. Die Abstände wurden kürzer, wir fuhren ins Spital. 23 Stunden lag ich in den Wehen, der Muttermund öffnete sich in dieser Zeit gerade mal zwei Zentimeter. Es folgte eine PDA, gleich darauf die erste Einleitung. Nichts. Hebammen zogen Wecker auf und hielten sie mir an den Bauch, um die Kleine durch das Klingeln anzuregen. Später dann die zweite Einleitung – wieder nichts. Kurz vor 22 Uhr kam der Arzt im edlen Smoking direkt von der Silvesterparty. Er stülpte sich lange Handschuhe über, tastete und entschied: Das wird ein Kaiserschnitt. Vor lauter Panik fing ich an zu pressen, brüllte wie eine Löwin – wofür ich mich an nächsten Morgen schämte. Innerhalb weniger Minuten öffnete sich mein Muttermund bis auf neun Zentimeter. Dann ging es endlich los.

Als meine Tochter da war, legte man sie mir auf die Brust. Lange, dünne Gliedmassen, das Gesicht rot und runzelig wie eine Dörrtomate. ‹So ein hässliches Kind kann doch nicht meines sein›, meinte ich etwas benebelt zur Hebamme. ‹Das wird sich noch ausglätten›, erwiderte diese und sollte damit zum Glück recht behalten.»

* Name geändert

Donna Sahiti (33) aus Bern über die Geburt ihrer Tochter (1)

«In der 34. Woche bestätigte man mir, dass sich meine Tochter noch nicht gedreht hatte: also mit den Füssen voran im Becken sass. Von einer vaginalen Geburt wird in einem solchen Fall abgeraten, insbesondere bei einer Erstgebärenden wie mir. Zwei Wochen versuchten wir alles, damit die Kleine sich noch dreht. Körperübungen, Akupunktur, mit einer Taschenlampe oder einem Musikdöschen von oben nach unten über den Bauch fahren, um den Weg zu weisen, das kann tatsächlich helfen – jedoch nicht in unserem Fall. Auch zwei äussere Wendungsversuche fruchteten nicht. Ich hätte gern trotz der Steisslage versucht, vaginal zu gebären. Aber es gibt nur ganz wenige Orte, die das unterstützen. Und das Spital, das in Frage gekommen wäre, behagte mir nicht. Dann halt doch der Kaiserschnitt. Ein nüchterner Prozess, wie ich finde. Mir hat geholfen, dass ich dennoch ein paar Dinge mitbestimmen konnte: Dass wir eine Sichtfenstergeburt haben wollten etwa, dass wir also zusehen konnten, wie das Baby aus meinem Bauch geholt wurde. Und vor allem, dass wir fürs Wochenbett ins Geburtshaus fuhren. Dort erst konnte ich mich fallen lassen; da sind wir angekommen im neuen Leben.»

Anja Huwiler (38) über die Geburt ihres Sohnes

«Als wir frühmorgens im Spital ankamen, schickte man mich als Erstes mit einem Becher aufs WC. Ich schaffte es irgendwie nicht, zu pinkeln, also griff ich intuitiv in den Schritt und ertastete etwas Haariges. Ich erstarrte zuerst, stiess dann die Türe auf und schrie: ‹Ich spüre den Kopf, ich glaub mein Baby kommt›. Es war wie im Film.

Die ersten Wellen, wie ich die Wehen bezeichne, waren bereits am Vorabend um 23 Uhr über mich hinweggerollt. Ich delegierte meinen Freund ins Nebenzimmer zum Weiterschlafen, um mit der Meditation für eine so genannte ‹friedliche Geburt› beginnen zu können, die ich zuvor intensiv geübt hatte. Als die Abstände kürzer wurden, legte ich mich in die Badewanne, bis ich merkte, wir müssen ins Spital, es geht los – und wie es losging!

Als ich mit den Hosen in den Kniekehlen aus der Toilette rief, kamen Hebammen angerannt und halfen mir ins Geburtszimmer. Ich hatte noch die Kopfhörer auf. Sie fragten mich, ob ich meditiere und ob es okay sei, wenn man sie mir abnehme. Ich presste, so erzählte es mir später mein Freund, drei Mal, dann war unser Sohn auf der Welt. Es dauerte gerade mal 33 Minuten. Zu schnell für mich? Überhaupt nicht. Mir hatte einzig der Gedanke Angst gemacht, dass die Geburt sehr, sehr lang dauern würde.»

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