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Podcast Beziehungskosmos: Das grosse Interview

Liebe & Sex 

Podcast Beziehungskosmos: Das grosse Interview

Felizitas Ambauen und Sabine Meyer sind die beiden Frauen hinter dem Erfolgspodcast «Beziehungskosmos» und neu auch annabelle-Kolumnistinnen. Was ist ihr Geheimnis?

Sprachnachrichten? Eine Glaubensfrage, aber Felizitas «Feli» Ambauen und Sabine Meyer, beide 42, können sich ihre Zusammenarbeit ohne nicht mehr vorstellen – ob sie sich nun auf eine neue Folge ihres Podcasts «Beziehungskosmos» vorbereiten oder motivierende Messages vor dem annabelle-Shooting verschicken. «Wir hatten Lust auf die Fotos, aber heute beim Aufstehen waren wir nicht in der Stimmung dafür», sagt Ambauen. «Wir hatten beide keine gute Nacht mit den Kindern», spezifiziert Meyer.

In solchen Situationen bestärken sie sich gegenseitig. «Du hast mich per Sprachnachricht erinnert: Hey, das wird schon», sagt Ambauen und lächelt ihre Kollegin an. Es ist Anfang März, gerade haben die beiden ihr erstes Buch in Druck gegeben und wissen noch nicht, dass in ein paar Wochen ihr «Beziehungskosmos» bei den Suisse Podcast Awards als Podcast des Jahres ausgezeichnet wird.

Vier Millionen Downloads

Seit März 2020 nehmen die Journalistin Sabine Meyer und die Psychotherapeutin Felizitas Ambauen ihre Gespräche zu Themen rund um Beziehungen und Liebe auf. Bodenständig und aus dem Leben gegriffen. Mal geht es darum, was unsere Eltern mit verbockten Beziehungen zu tun haben, mal um Patchworkfamilien oder die Frage, wie viel Langeweile die Liebe verträgt.

Mit knapp vier Millionen Downloads ist Ambauen zur meistgehörten Paartherapeutin des Landes geworden und Journalistin Meyer auch ohne den Zusatz «SRF» auf Google zu finden. Die Bühnenauftritte ihrer diesjährigen Tour sind nahezu ausverkauft, Anfragen für Fernsehauftritte und Podiumsdiskussionen häufen sich und Meyer hat inzwischen ihre Festanstellung gekündigt und den «Beziehungskosmos» zum erwerblichen Lebensmittelpunkt gemacht, neben anderen Podcast-Projekten, -Beratung und Audiobiografien.

Mit der wachsenden Bekanntheit steigt die Nachfrage nach ihren Gesichtern, worauf die beiden mit Zurückhaltung reagieren. «Allein schon deshalb, weil ich auch heute viel lieber nur hier gehockt hätte, ohne mir vorab überlegen zu müssen, was ich anziehe», sagt Ambauen und lacht. Mit «hier» ist der grosse Holztisch im Separee des Zürcher Café Auer gemeint. Die Fotos sind im Kasten, die Fotografin zufrieden.

Bevor es mit dem Interview losgeht, verstaut Sabine Meyer die zur Auflockerung fürs Shooting gedachten Figuren und Spielkarten im Karton von «Das verrückte Labyrinth». Dann rückt sie die Tische in die Ursprungsposition, tritt kurz zurück und prüft mit einem Blick, ob alles gut steht. Währenddessen scherzt Felizitas Ambauen mit der Crew.

Klare Rollenteilung

So, wie die Psychotherapeutin gewohnt ist, auf Social Media oder an Preisverleihungen im Vordergrund zu stehen, so sorgt die Journalistin im Hintergrund für Ordnung. «Unsere Rollen sind klar getrennt. Ich habe keinerlei Anspruch, Psychologin zu sein, und du willst nicht das Gespräch lenken. Social Media liegt vollkommen bei Feli, ich mach dafür alles Technische, das ergänzt sich wunderbar», erzählt Meyer, die beim SRF als eine der ersten Journalistinnen überhaupt Podcast-Formate entwickelte.

Sie lernte Ambauen im Rahmen einer Radio-Sendung zum Thema Mental Load kennen. «Für mich ist das toll, weil Sabine klar sagt, wo sie sich wohlfühlt, und ich mit ihr nie das Gefühl habe, dass mir etwas weggenommen wird. Und du machst unsere Buchhaltung! », grinst Ambauen und klatscht begeistert in die Hände.

«Ich machs auch noch wirklich gern», versichert Meyer und ergänzt: «Ich weiss, es klingt alles so gut mit uns, man ist schwer versucht zu sagen: Fake!» Wenn sie Fragen beantworten, greifen die Antworten der beiden ineinander wie die von alten Ehepaaren in amerikanischen Sitcoms – nur ohne das Inszenierte.

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«Eigentlich finde ich es cool, dass unsere Lebenswelten nicht zu fest verwoben sind»

Felizitas Ambauen

annabelle: Seid ihr Freundinnen?
Ambauen: Soll ich das beantworten? Es gibt da nämlich eine Vorgeschichte. Sabine ist das schon mal in einem Interview gefragt worden und hat verneint. Ich war komplett überrascht. Den ganzen Tag war ich völlig verschreckt, bis wir am Abend im «Kaufleuten » auf die Bühne mussten. Dort haben wir das dann natürlich gleich vor Publikum therapeutisch aufgearbeitet (zwinkert).

Meyer: Ich empfinde das mit dem Podcast mehr als Elternschaft. Wir haben eine extrem hohe Verbindlichkeit und das hat einen grossen Wert für mich. Mit der Arbeit am Buch sind wir uns noch einmal nähergekommen. Heute würde ich dich zum Beispiel zu meinem Geburtstagsfest einladen, weil du dazugehörst. Aber grundsätzlich ist es so: Ich habe meine Welt in Zürich und du deine in Nidwalden. Wir haben uns bislang nur eine Handvoll Mal privat zum Znacht gesehen.

Ambauen: Eigentlich finde ich es cool, dass unsere Lebenswelten nicht zu fest verwoben sind. Fachlich hilft es, nicht so viel voneinander zu wissen. Gestern war mein Kind krank, wir haben gezoomt und da hab ich gedacht: Jetzt bist du schon im Schlafzimmer mit dabei! Anfangs war deine Distanziertheit sicher eine Hürde, weil ich nicht wusste, wie viel das mit mir zu tun hat. Und du hast gedacht: Hey, was prescht sie vor, muss ich Angst haben, überfahren zu werden? Heute hat sich das verschoben. Und dieses gewachsene Vertrauen ineinander ist unsere grosse Stärke.

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Fast wie eine Liebesgeschichte

Beide Frauen bezeichnen ihre Zusammenarbeit später unabhängig voneinander als «grosses Glück». Liebe auf den ersten Blick sei es gewesen, fast schon Fügung, als sie sich bei der gemeinsamen Sendung trafen: Die eine habe mit Podcasts experimentieren wollen, die andere Wissen über Beziehungsthemen weitergeben.

Ohne Businessplan oder Zielgruppendefinition seien sie ans Werk gegangen und vertrauen bei der Arbeit nach wie vor auf Intuition und ihre Professionalität. Sie arbeiten ausschliesslich zu zweit, von der Planung einer Folge über die Umsetzung bis zum Moment, wenn sie online geht. Zum einen, um die Hoheit zu bewahren. Weder begeben sie sich in die Abhängigkeit von Sponsor:innen oder Teilhaber:innen, noch ziehen sie externe Gesprächspartner: innen hinzu.

Nicht, weil sie die langweilig fänden, im Gegenteil. «Aber nur mit Feli weiss ich, dass alles so laufen wird, wie wir beide es gut finden.» Vertrauensvolle Zweisamkeit, die neben der Kontrolle auch Intimität und Authentizität sichert – gleichermassen wichtig für das innere Wohlbefinden wie auch die Aussenwirkung. Die Ruhe, mit der sich die beiden Frauen im Gespräch Raum geben, und die Offenheit, mit der sie Problemen und Eigenheiten nachgehen, überträgt sich auf die Abonnent:innen.

Gehört werden sie von Paaren in der Badewanne, samstagmorgens beim Joggen, und auch von Menschen, die wegen Suizidversuchen und Depressionen behandelt werden und immer wieder in Briefen schildern, wie ihnen «Beziehungskosmos» helfe, in Balance zu kommen.

«Ein Hörer hat uns geschrieben, dass die Folge zum Sex in Langzeitbeziehungen – übrigens die meistgehörte Folge von allen – besser für die Beziehung gewesen sei als jeder Porno. So etwas freut uns natürlich total», sagt Ambauen. Ein wohlwollender Begleiter zur Selbstreflexion soll «Beziehungskosmos » sein und uns Schritt für Schritt beziehungsweiser werden lassen, heisst es auf der Website. Konfrontation ohne Aggression. Wer provokanten Schlagabtausch sucht, wird abschalten. Oder beseelt seine Hörgewohnheiten ändern.

Zwischentöne zulassen

Die Macherinnen eint das Bedürfnis, überlegen zu dürfen, Zwischentöne zuzulassen und die Welt nicht in schwarz-weiss malen zu müssen. Hier werden stets Neugierde und Zugewandtheit geboten. Aber nervt so viel Harmonie im Podcast- Miteinander nicht auf Dauer? Und weckt das Bild von einer Beziehung als perfekt bestelltem Garten nicht irgendwann das trotzig durch die Beete trampelnde Kind? «Nicht, wenn beide in der Beziehung perfekt bestellte Gärten mögen – solls geben!» Typisch Ambauen: Sie hat das Talent, Provokationsspitzen zu brechen.

Dabei ist das harmonische Miteinander nicht mit Harmoniesucht zu verwechseln. Konflikte ohne Verletzungen austragen, auch das kann man im «Beziehungskosmos » lernen.

«Wir hatten durchaus provozierende Inhalte, aber nie zum Selbstzweck, um Klicks zu generieren»

Felizitas Ambauen

Wie bewahrt ihr euch im Gespräch die Zugewandtheit?
Ambauen: Ich kann diesen wohlwollenden Schirm nur aufspannen, wenn da jemand sitzt wie Sabine. Würde ich immer auf die nächste kritische Frage warten, wäre das nicht machbar. Das macht mich wahnsinnig an vielen anderen Podcasts. Dass immer einer dem anderen reingrätscht.

Meyer: Es bedeutet aber nicht, unkritisch zu sein. Ich frage sehr genau nach, halte auch dagegen, ohne dass das Gespräch zum Machtkampf wird.

Ambauen: So geht es mir auch, ich muss nicht lauern, ob du mir wieder einen reindrückst …

Meyer: … um mich als Journalistin zu profilieren.

Ambauen: Spitzen, Aggression oder Provokation sind nicht meine Art. So arbeite ich auch als Therapeutin nicht. Wenn nun jemand meint, das sei zu weichgespült, kann ich nur sagen: Sonst wäre ich nicht ich. Wir hatten durchaus provozierende Inhalte, aber nie zum Selbstzweck, um Klicks zu generieren. Auch bei schwierigen Themen wohlwollend zu bleiben, sorgt für eine Offenheit, die für die Zuhörer:innen sehr beglückend oder sogar therapeutisch sein kann.

Therapiert fühle sie sich persönlich nicht durch die gemeinsame Arbeit, sagt Sabine Meyer, es gehe ja nicht um ihre Themen. Reflektierter sei sie aber schon geworden. «Ich habe mit meinem Mann so viele Beziehungsthemen besprochen wie in den 15 Jahren zuvor nicht. Er sagt, ich sei dank des Podcasts eine bessere Partnerin geworden! », erzählt Meyer später lachend via Zoom aus ihrem Zürcher Büro.

Das Schweizer Radio hatte ihr beim ersten Bewerbungsgespräch einst ein «Sprech-Denk-Problem» attestiert. Die Erinnerung daran zieht den rechten Mundwinkel der 42-Jährigen ganz leicht nach oben. Sie erzählt freimütig, bis heute nicht auf Stichwortbasis lupenreine Sätze bilden zu können, weil sie nun mal denke beim Reden. Das zeichnet die Journalistin ebenso aus wie die Tatsache, dass sie sich damals nicht mit einer Absage ins Bockshorn jagen liess.

Trotz Rückschlägen dranbleiben

Nachdem das News-Ressort sie dann doch als Praktikantin eingestellt hatte, «wurde ich später ab und an als Beispiel für gute Moderation genommen, lustig, nachdem die mich am Anfang nicht haben wollten, weil ich nicht ‹schwätzen› könne».

Es habe viel Selbstbewusstsein gebraucht, um dranzubleiben. Den guten Draht zu sich selbst und ihr Bauchgefühl bezeichnet Meyer als ihre Stärken. «Ich bin gut verbunden mit mir und weiss, dass ich auf mich zählen kann.» Und so pusht sie sich selbst immer wieder in neue Gefilde. Geht als Schülerin in die USA, macht ein Stage bei einem Radio in Mali, wo sie über ihren Mitbewohner, der bei der BBC ist, erstmals von Podcasts hört und spürt: Das könnte ihr Ding sein.

Stets politisch interessiert, landet sie zwischenzeitlich im «harten Politjournalismus», der ihr nur bedingt entspricht. «Leute in die Ecke drängen, im Spannungsfeld zwischen Verteidigung und vorgefertigten Standpunkten ohne richtiges Gespräch, das bin nicht ich. Ich war immer dort gut, wo es darum ging, den Menschen zu erfassen und neue Perspektiven aufzuzeigen.»

Ein Satz, der auch Felizitas Ambauen gut beschreibt. Während des Lockdowns ist sie zusammen mit Partner Amel Rizvanovic und der gemeinsamen Tochter zurück in ihr Elternhaus nach Nidwalden gezogen. Dort, wo ihre Mutter als Psychologin Klient:innen empfing, hat sie heute ebenfalls ihre Praxis und lädt – ein paar Wochen nach dem Doppelinterview – zum morgendlichen Einzeltreffen.

Ob man vor dem Gespräch noch aufs WC wolle, danach einen Kaffee vielleicht? Felizitas Ambauen versteht es, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Als sie zwischendurch überlegte, die Praxis nach Luzern zu verlegen wie Amel – mit dem sie zusammen Workshops gibt und den Anyworkingmom-Podcast «Du so. Ich so.» macht –, gab es einen kollektiven Aufschrei ihrer Klient:innen: «Bitte nimm uns nicht diese Oase weg!»

Wer die Serpentinenfahrt nach Fürigen auf sich nimmt, wird mit einem Panoramablick auf Berge und den Vierwaldstättersee belohnt. Abstand. Ruhe. Neue Perspektiven. Gerade Felizitas Ambauen, die hochsensibel und gleichzeitig extrovertiert ist, braucht diese Reizabschirmung für ihr inneres Gleichgewicht.

Konservativ heisst auch verbindlich

Wie kommt ein Freigeist wie Ambauen zurecht in der doch eher konservativen ländlichen Gemeinde Stansstad? «Die Hälfte der Klasse meiner Tochter sind Kinder von meinen ehemaligen Klassenkamerad:innen. Ich kenne die Gangart und eine Version von mir weiss genau, wie ich mich hier verhalten muss. Was aber nicht bedeutet, dass ich mich verstelle.»

Wenn ein Vater sein Kind mit dem Traktor von der Schule abholt oder in der Klasse ihrer Tochter nur acht Kinder sitzen, dann wird ihr wieder bewusst, wie anders das Leben hier ist als in Luzern, wo sie lang gewohnt hat. «Der Ort hat einen eigenen Herzschlag, alles hier ist langsamer, entschleunigend.»

Als vor wenigen Monaten ihre Mutter starb, erfuhr die Nidwaldnerin Anteilnahme und Unterstützung, wie es in der Stadt wohl nie der Fall gewesen wäre. Beim Erzählen von der Beerdigung und der Erinnerung an ihre Mutter, die hier in der Kirche aufgebahrt wurde, kaschiert sie die Tränen nicht. «Wenn es hier brennt, steht gleich jemand aus der Nachbarschaft vor der Türe, um zu helfen. Im Konservativen steckt eben auch das Verbindliche.»

Das Kinderzimmer bleibt unverändert

Einen Termin mit Ambauen zu finden, ist nicht einfach. Sie ist gut darin, Grenzen zu setzen. Das habe sie von Amel gelernt, der als Coach und Dozent arbeitet und den sie als Sechser im Lotto bezeichnet. Entschuldigen tut sie sich nicht – weder für die strikte Einhaltung der Familienzeiten noch für die «nicht frühlingshafte Unordnung » aus Bücherstapeln im Haus. Warum auch?

Eines der Zimmer ist noch mit Kisten vollgestapelt. Darin unter anderem Briefe, die ihre Eltern sich geschrieben haben und die an unterschiedlichen Orten im Haus aufbewahrt worden waren. Der Karton des Vaters ist mit Mäusekot bedeckt – er war im Keller. Die Mutter indes hatte alles Geschriebene fein säuberlich verwahrt. Zudem sind da noch die mütterlichen Tonbandaufnahmen aus deren Seminaren, irgendwann will Ambauen sich alles anhören, durchlesen. Die Erlaubnis dazu hatte ihre demente Mutter noch in einem klaren Moment gegeben.

Überrascht war Ambauen, wie viel die Eltern von ihrem an Leukämie erkrankten und mit 14 Jahren verstorbenen Bruder behalten hatten. «Ich war damals noch ganz klein, neun Monate.» Man habe daheim viel gesprochen, der Tod war kein Tabu. Auf der Bindungsebene habe sie das sicher stark geprägt, sagt Ambauen.

Ihre Eltern hatten das Kinderzimmer der Tochter nach deren Auszug unverändert belassen. Bis heute ist es der einzige Raum im Haus, den der Architekt auf Ambauens Wunsch nicht hat neu planen dürfen. «Wenn ich meine Ruhe brauche, schlafe ich immer noch dort, sogar noch in meiner alten Bettwäsche.»

Die Kindheit loslassen

Seit 2006 gibt Ambauen im Elternhaus bereits Workshops, zunächst waren es die Klient:innen ihrer Mutter, die kamen. «Sie hat immer gesagt, dass ihr Lebenswerk mit meinem Eintritt in diesen Beruf noch mehr Sinn macht, weil es so weitergehe. Gepusht hat sie mich dabei allerdings nie.»

Der schwierigste Moment vor dem Umbau sei gewesen, als das Haus komplett leergeräumt war. Sie habe den letzten Abend allein im Zuhause ihrer Kindheit verbringen wollen, bevor am nächsten Tag das Chaos beginnen würde. «Das war echtes Loslassen. Nie wieder in die Zimmer zurückkehren zu können, die ich aus meiner Kindheit kenne. Da habe ich mir von Abba ‹Thank You for the Music› angemacht, ganz laut, und bin singend durch alle Zimmer getanzt. Das war gut. Closure.»

Ungeschnitten und authentisch

Von Schematherapie und domestizierter Erotik hatte Sabine Meyer vor der Begegnung mit der Psychotherapeutin Ambauen wenig gehört. «Anfangs habe ich mich sehr genau gefragt, was meine Rolle im Podcast sein soll – das psychologische Fachwissen hat ja Feli.»

Wenn die beiden mit ihren sanften Stimmen unaufgeregt über Alpträume, Narzissmus und Sexualität sprechen, mutet es mehr wie das Mithören eines Telefongesprächs zweier Vertrauter an. Zumeist ungeschnitten, gedankliche Schlenker und kleine Lachanfälle inklusive.

«Im Nachhinein merken wir manchmal: Okay, hier hätten wir nachhaken können, Mist, da wieder keine inklusive Sprache benutzt. Das nehmen wir aber in Kauf, das gehört zu einem authentischen Gespräch dazu», sagt Ambauen. So authentisch und nahbar, dass man fast vergisst, wer hier miteinander plaudert.

Inzwischen weiss Meyer, «dass auch durch mich ein Mehrwert entsteht». Denn wenn etwa die Paartherapeutin Ambauen zu fest geplanten Teamsitzungen in der Beziehung rät, hören wir die ungefilterte Frau Meyer staunen oder auch mal skeptisch hinterfragen.

«Ich würde nie etwas erzählen, womit sich mein Mann unwohl fühlen würde»

Sabine Meyer

Ihr sprecht über die intimsten Themen – wie weit offenbart ihr euch dabei selbst?
Meyer: Es bleibt das professionelle Gespräch einer Journalistin mit einer Psychotherapeutin. Es ist authentisch, aber es hat eine professionelle Distanz, die wichtig ist. Aber seit ich den Podcast mache, reden Leute schneller mit mir über Beziehungen und Persönliches, weil sie das Gefühl haben, mich bereits gut zu kennen.

Ambauen: Ich mache das ja täglich als Psychotherapeutin mit meinen Klient:innen und eine gewisse Selbstoffenbarung ist auch da gesund, solange es um die Belange der Klient:innen geht und nicht darum, dass ich einfach von mir erzählen will. Ich würde aber nie während einer Folge nachfragen, wenn ich merke, dass du Persönliches teilst. Auch wenn die Therapeutin in meinem Kopf zuhört und sehr gerne nachfassen würde. Aber ich weiss, dass das übergriffig wäre.

Meyer: Meinst du, als ich von dem Alptraum erzählt habe, in dem meine Kinder sterben? Da hast du gefragt, ob es okay ist, nachzuhaken. Bei mir war da eine Grenze erreicht, ich wollte nicht sagen, was die Träume auslöst. Oder die Szene, als ich von der Mitternachtsdiskussion mit meinem Mann erzählt habe. Ich wollte das Problem ausdiskutieren, er nicht. Da hattest du auch eine Nachfrage, spürtest aber meine Grenzen supergut. Wenn wir offline sind, ist es etwas anderes.

Ambauen: Wir überlegen uns im Vorfeld recht genau, welche persönlichen Beispiele wir bringen und auch ich erzähle nur von meinem Partner, was er auch hundertprozentig gutheissen würde.

Meyer: Ich würde auch nie etwas erzählen, womit sich mein Mann unwohl fühlen würde. Ich bin eher zurückhaltend, habe ein gutes Sensorium für Grenzen und bin vielleicht weniger spontan als du.

Ambauen: Ich kann spontan sein, aber immer noch sehr bewusst die Rolle der Therapeutin einnehmen. Spontan sein heisst ja nicht unbedingt, dass man unüberlegt handelt.

Meyer: Während ich sehr bewusst die Rolle der Fragestellerin ausfülle, die für den Realitätsabgleich zuständig ist. Nicht jede von uns hat schliesslich einen Partner oder eine Partnerin, der oder die immer bereit ist, zu analysieren und zu reden, und sich auf wöchentliche Teamsitzungen freut.

Ambauen: Na, inzwischen findest du die doch selbst super, sogar wir zwei haben feste Termine für unsere Teamsitzungen.

Regelmässig gleichen die zwei miteinander ab, wie es um ihre Beziehung und die Zusammenarbeit steht. Einmal im Monat treffen sie sich zur Aufnahme von zwei Podcast-Folgen. Viele Themen bringt die Psychotherapeutin auf.

An einem perfekten Morgen steht sie um halb sechs Uhr auf, um den Tag mit anderthalb Stunden Lesen zu beginnen. Die Zeit, bevor ihre Sechsjährige wach ist. In eigenen Worten mixt sie das Gelesene mit Erfahrungen und Praxisbeispielen. Meyer ergänzt und in Sprachnachrichten wächst der Austausch zu einer neuen Podcast-Folge heran.

Die Frage nach der Diversität

Die thematische Erweiterung auf immer mehr gesellschaftspolitisch relevante Themen sei auf natürliche Weise entstanden. Hier sprechen zwei weisse, in einer heterosexuellen Langzeitbeziehung lebende Frauen und Mütter um die vierzig. Viele Themen betreffen geschlechtsunabhängig Liebende.

Aber wie divers und inklusiv kann der Podcast sein? «Wir können ja nicht so tun, als hätten wir traumatische Trennungen hinter uns, Migrationshintergrund oder wären queer. Es sind nun mal wir zwei, die miteinander reden. Manche Menschen erwarten, dass wir breitflächiger sein und divers alles abdecken müssen», sagt Ambauen. «Dafür gibt es ja zum Glück noch andere Podcasts ausser unserem.»

Wohlwollen ist keine Masche

«Spannend» sei es auch, dass manche Menschen fünfzig Minuten Podcast ohne Provokationen nicht aushalten. Der einzige Moment, an dem die Nidwaldnerin nicht mehr ganz so entspannt wirkt. Ihr ist bewusst, wie verletzlich sie die eigene Selbstoffenbarung machen kann, vor allem, wenn das Gegenüber mit Zweifeln bezüglich der Authentizität reagiert.

«Wenn wir uns in den letzten drei Jahren für etwas rechtfertigen mussten, dann dafür, zu sein, wie wir sind. Es gibt Leute, die denken, das Wohlwollende sei nur eine Masche. Das sagt doch auch etwas aus über unsere Zeit.»

Melonen als Synonym für das Gute

Auf dem Weg rund ums Haus zum Parkplatz stolpert man fast über die Wassermelonen-Fussmatten im Vorgarten. Im Bad findet man einen Melonenseifenspender, im Arbeitszimmer einen Stiftebecher in Melonenoptik und ein Ölbild von Venedig, halb bedeckt mit kleinen aufgemalten Melonen.

«Als ich mit Amel das erste Mal in Venedig war, voller Erwartungen, und irgendwie alles schiefging, waren es ein paar frische Scheiben Wassermelone am Frühstücksbuffet des muffigen Hotels, die zum Synonym wurden für das Gute, selbst in schwierigen Momenten.» Das rufe sie sich gern in Erinnerung. «Und jetzt kriege ich von überall Melonen geschenkt.»

Sorgen sich die Erfolgsverwöhnten eigentlich, ob das neue Buch gut ankommt? «Wir haben die Dinge immer einfach so genommen, wie sie passieren. Ich hätte mir all das nie so erträumen können. Und auch jetzt schauen wir einfach mal, wies kommt», sagt Meyer. Und schiebt nach: «Zum Glück sind wir zu zweit, das macht alles leichter.»

Felizitas Ambauen und Sabine Meyer sind nun auch annabelle-Kolumnistinnen! Die beiden Podcasterinnen werden an psychologische Kernfragen heranführen, Prägungen aus der Kindheit und unflexible Glaubenssätze hinterfragen und uns dabei helfen, Schritt für Schritt beziehungsweiser zu werden. In ihrer ersten Kolumne gehts um das Thema: Wie gelingen harmonische Ferien? Stay tuned!

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