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Diese Bücher sollten Sie im Mai lesen

Literatur & Musik

Diese Bücher sollten Sie im Mai lesen

  • Redaktion: Claudia Senn, Frank Heer; Text: Verena Lugert, Dietrich Roeschmann; Foto: Pexels

Jeden Monat stellt die annabelle-Kulturredaktion die besten Bücher und Bildbände für Sie zusammen. Lassen Sie sich inspirieren!

Auch im Mai präsentieren Ihnen unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Ressort Kultur die besten Neuerscheinungen. Mit dabei ein packender Gesellschaftsroman, der an einer elitären Hochschule spielt, ein düsterer Thriller, der Entscheidungen des Lebens infrage stellt und ein autobiografisches Buch, das einem den Atem raubt.

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1.

Hans Stichler, ein junger Mann aus der deutschen Provinz, soll ein Verbrechen aufklären. Dafür wird er von seiner Tante in die Universität von Cambridge eingeschleust und mit einem Stipendium versehen – um als Boxer Mitglied im jahrhundertealten Pitt Club zu werden, einer hochelitären Studentenverbindung für die Oberschichtsnobs, die sich an keine Regeln halten. Spannender, hochliterarischer Roman, von einem «Spiegel»-Reporter geschrieben, der selbst in Cambridge studiert und geboxt hatte – und Mitglied eines Clubs gewesen war.

– Takis Würger: Der Club. Verlag Kein & Aber, Zürich 2017, 270 Seiten, ca. 28 Franken

2.

Jede Entscheidung im Leben ist eine Entscheidung gegen das, was auch hätte sein können. Jason Dessen ist Professor in einem College, er hat sich gegen seine Forscherkarriere entschieden, als seine Freundin schwanger wurde. Jetzt lebt er zufrieden mit Frau und Teenagersohn in einem netten Haus. «Bist du glücklich?», fragt ihn ein maskierter Fremder, bevor er ihn niederschlägt. Als Jason zu sich kommt, ist er noch derselbe, jedoch sein Leben nicht: Er lebt im gleichen Haus, doch ohne Frau und Kind. Als Wissenschafter hat er einen Kubus entwickelt, mit dem man sich in seine unzähligen parallelen Leben begeben kann. Jason macht sich auf in den Kubus, um in sein altes Leben zurückzureisen, das der Fremde gekapert hat. Der niemand anders ist als ein Jason Dessen, der sich damals gegen Frau und Kind entschieden hatte. Spannendender Thriller zur hochaktuellen Theorie des Multiversums.

– Blake Crouch: Dark Matter. Der Zeitenläufer. Goldmann-Verlag, 2017, 419 S., ca. 22 Fr.

3.

Als sich Pieter Hugo 1994 entschied, Fotograf zu werden, endete in Südafrika die Apartheid, und in Ruanda begann der blutigste Völkermord, den Afrika je gesehen hatte. Beide Ereignisse prägten den Blick des in Kapstadt lebenden Fotokünstlers nachhaltig. Bis heute stehen in seinem Fokus die Aussenseiter der afrikanischen Gesellschaften. Eine Monografie versammelt Hugos Serien nun erstmals zum bildgewaltigen Porträt eines zerrissenen Kontinents.

– Pieter Hugo: Between the Devil and the Deep Blue Sea. Prestel-Verlag, München 2017, 304 Seiten, ca. 68 Franken

4.

Raufasertapete, Porzellanfigürchen, Orchideen im Blumenfenster: Die Dinge, die Tom Licht auf der Suche nach Heimat in seinem Elternhaus fotografierte, sind wahre Monumente der Bünzlihaftigkeit. Sein Fotoessay «Daheim» – soeben als Bildband erschienen – ist neben weiteren tollen Homestorys von Anne Golaz und Stéphane Winter jetzt Teil einer Ausstellung über das Erinnern an das eigene Zuhause und die paradoxe Stimmung zwischen Geborgenheit und Entfremdung, die uns dabei beschleicht.

– Home Stories, Coalmine Galerie, Winterthur, bis 10. 6., coalmine.ch; Bildband: Tom Licht, Daheim, Kehrer-Verlag, Heidelberg 2016, 112 S., ca. 39 Franken

5.

Bücher sind das Leben der beiden Dichter Karin und Tom. Und ihre Liebe zueinander. Im Kurs für kreatives Schreiben haben sie sich kennen gelernt. Durchs Schreiben und Bücherentdecken verstehen die beiden sich selbst und die Welt. Auf einem weissen A4-Blatt steht mit grünem Filzstift: «Noch vor Mai besorgen: Kinderwagen, Wickeltisch, Kinderbett, Regenschutz oder Schirm für Kinderwagen?» Jetzt geht Tom durch die leere Wohnung, sieht die Liste, sieht seine neugeborene Tochter in ihrem Körbchen. Karin ist tot, sie starb an einer plötzlichen akuten Leukämie. Die Ärzte konnten das Kind, nicht aber die Mutter retten, und Tom, der Vater, ist jetzt allein mit dem Säugling, halb irr vor Schmerz über den Verlust seiner grossen Liebe, überfordert, übernächtigt. Liest die Bücher, die seine Liebste gelesen hat, sinniert, warum sie welche Textstellen unterstrichen hat, malt sich die Zukunft der Tochter aus, driftet betäubt durch seine Trauer. Und beginnt dann zu schreiben: dieses autobiografische Buch, das einem mit seiner Menschlichkeit und Schönheit den Atem raubt.

Tom Malmquist: In jedem Augenblick unseres Lebens. Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2017, 301 Seiten, ca. 27 Franken