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Medizinische Infos aus dem Internet: Gut oder schlecht?

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Medizinische Infos aus dem Internet: Gut oder schlecht?

  • Interview: Sven Broder

WehWehWeh! Acht von zehn Personen holen sich medizinische Informationen aus dem Internet. Ist das gut oder schlecht, Martin Denz?

ANNABELLE: Martin Denz, heissen auch für Sie als Mediziner die Ärzte Ihres Vertrauens Dr. med. Google und Professor Wikipedia?

MARTIN DENZ: Auch ich verwende Google und Wikipedia, wenn ich rasch eine grobe Informationsübersicht möchte. Früher hat man im Brockhaus oder in Gesundheitsbüchern nachgeschlagen. Das Suchverhalten war das gleiche, neu ist einzig die massive Informationszunahme.

Was die Sache nicht einfacher macht!
Um den Wust an Informationen richtig einzuordnen, braucht es Erfahrung und Medienkompetenz – das hat weniger mit Gesundheitsfragen zu tun, sondern mit Kompetenzen, die schon in der Schule trainiert werden sollten.

Gemäss einer neuen Studie der Swisscom konsultieren bereits acht von zehn Patienten vor und/oder nach einem Arztbesuch das Internet, um sich zu informieren. Ist das gut oder schlecht?
Das ist erfreulich. Es hilft ratsuchenden Menschen zu klären, ob überhaupt ein behandlungsbedürftiges Problem vorliegt. So müssen sie nicht wegen jedes Symptoms zum Arzt rennen.

Wäre das Internet eine Medizin, was stünde in der Packungsbeilage unter Wirkung und Nebenwirkung?
Dass das Netz zwar rasch eine Übersicht, oft aber keine definitiven Antworten auf individuelle Gesundheitsfragen liefert. Es kann dazu beitragen, die richtige Spur aufzunehmen und auch die geeignete Fachperson zu finden. Zudem lassen sich über das Internet Erfahrungen austauschen und die Qualität medizinischer Dienstleistungen bewerten.

Wer «Kopfweh» googelt, trifft auf Hirntumore. Laufen wir Gefahr, zu «Cyberchondern» zu werden?
Das ist Quatsch! Es gibt heute nicht mehr oder weniger Hypochonder als früher. Der Cyberchonder ist einfach der neue Hypochonder.

Viele Hausärzte behaupten, überinformierte Patienten kosten mehr. Sie sagen: Je informierter jemand ist, desto mehr Erklärungsbedarf entsteht in der Sprechstunde.
Es ist umgekehrt! Wenn Sie gut vorbereitet zum Arzt gehen und klare Fragen stellen, können sich alle aufs Wesentliche konzentrieren. Und wenn Sie die erhaltenen Informationen vertiefen, trägt dies zum besseren Behandlungs- verlauf bei. Für mich ist ein mündiger Patient die Voraussetzung für eine gute Partnerschaft – das gemeinsame Tragen der Verantwortung ist zielführend und für mich als Arzt entlastend.

Wohin geht die Reise in Sachen Telemedizin und E-Health?
In wenigen Jahren wird der Weg zum Arzt und zu Gesundheitsnetzen aufgrund des Ärztemangels über Onlineportale, E-Mail oder telemedizinische Beratungszentren erfolgen. Es wird nicht mehr nur um die Beschaffung von Gesundheitsinformationen gehen, sondern auch um die Wahl des für mich bestgeeigneten Leistungserbringers. Die Mitglieder von Gesundheitsnetzen werden ihren Sprechstundentermin direkt über ein Webportal buchen, über SMS eine Terminerinnerung erhalten, ihre Medikamente zusammen mit ihrem Hausarzt online verwalten und auch den Zugriff auf ihre gesamte Krankengeschichte erhalten.

Das alles gibt es doch bereits.
Ja, jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Dienstleistungen selbstverständlich werden.

— Martin Denz ist Facharzt für Allgemeinmedizin, innere Medizin sowie Psychiatrie und Psychotherapie und Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Telemedizin und E-Health. www.sgtm.ch

Auf der nächsten Seite finden Sie wertvolle Tipps und Kriterien für die Suche im Netz in Bezug auf Gesundheitsfragen

 

Auf diese Kriterien sollten Sie bei medizinischen Quellen im Internet achten:
– Die medizinische Qualifikation der Verfasser und deren Organisationen.
– Die Transparenz der Website: Wer und welche Interessen stecken dahinter?
– Die Ausgewogenheit der Information.
– Die Aktualität der Information und die nachweisbaren Informationsquellen.
– Die Patient-Arzt-Beziehung soll nicht untergraben, sondern ergänzt werden.

Empfehlenswerte Seiten für medizinische Auskünfte:
www.sprechzimmer.ch
www.netdoktor.de

Empfehlenswerte Seiten:
www.doctorfmh.ch
www.kompendium.ch
www.spitalinformation.ch/spitalsuche/suche-nach-behandlungswunsch/
www.patienten.ch
www.online-beratung.usz.ch
www.sprechzimmer.ch

Patienteninfo nach der Konsultation:
www.medudem.ch
www.hausarzt.ch

Ausländische Gesundheitsportale:
www.netdoktor.de
www.gesundheits-lexikon.com
www.gesundheit.de/lexika/medizin-lexikon
www.patientslikeme.com
www.iwantgreatcare.org