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Nino Cerrutis Villa im Piemont – Hausherr und Hund

Stil

Nino Cerrutis Villa im Piemont – Hausherr und Hund

  • Text: Manuela von Perfall, Stefanie RiguttoFotos: Anja Hölper

Seine Welt sind die Villa und seine Dackel, die er sogar mit einem Gutetenachtkuss ins Bett bringt: Zu Besuch im Piemont bei Nino Cerruti, dem Erfinder der Casual Wear.

Nino Cerrutis Welt sind die Villa im Piemont und seine Dackel.

Michael Douglas’ Anzüge im Erotikthriller «Basic Instinct» waren eine halbe Nummer zu gross. «Das war ein Trick», sagt Nino Cerruti, «denn natürlich waren alle Outfits massgeschneidert. Aber er wirkte darin, als ob er abgenommen hätte, übermüdet und überfordert, am Tiefpunkt seines Lebens angekommen. Das passte zur Rolle.» Marcello Mastroianni, Jean-Paul Belmondo, Clint Eastwood und «Pretty Woman» Julia Roberts – die Liste der Superstars, denen der 81-jährige Nino Cerruti in über 200 Filmen den Storyline-Look auf den Leib geschneidert hat, ist schier endlos. Dabei kommt es darauf an, so der Guru des Personal Style, sich nicht selbst in den Vordergrund zu spielen, sondern das Wesentliche mit winzigen Details sichtbar zu machen.

“Zur Suche nach intelligenten Ideen gehören die emotionalen Werte aus der Vergangenheit”

Starallüren, Extravaganz oder Sprunghaftigkeit sind seit je Fremdwörter für Signor Nino, wie die Mitarbeiter von Lanificio Fratelli Cerruti ihren Chef jeden Morgen begrüssen. «Heute dies, morgen das, das gibt es für mich nicht», sagt er und ergänzt: «Soll die Suche nach neuen Ideen intelligent sein, dann gehören die emotionalen Werte aus der Vergangenheit dazu.» Seine Vergangenheit ist eng verknüpft mit der charmanten Villa über dem norditalienischen Örtchen Biella, wo auch die 1881 vom Grossvater gegründete Weberei beheimatet ist, die Nino Cerruti zu einer Weltmarke ausbaute. Hier wohnt Signor Nino mit seiner Micky, wie er seine langjährige Partnerin, die zierliche, pfiffige Sibylla Jahr, nennt. Die Hamburger Journalistin und Kinderbuchautorin komponiert in der Küche einen Salat aus bunten Farben.


Im rustikalen, überwachsenen Haus atmen die Wände, leben die Erinnerungen, sind Tradition und Fortschritt eng miteinander verwoben. Wie alles andere – die Fotos und Souvenirs, der Plakatentwurf für die erste Boutique in Paris, die von Freunden gemalten Bilder – hat auch das Haus eine besondere Geschichte: Ninos Vater schenkte es seiner Mutter zur Geburt des ersten Sohns. «Ich kenne alle Bäume von Kindesbeinen an und habe sie wachsen gesehen, oft möchte ich sie umarmen.» Für Micky ist das 200 Jahre alte Haus eine alte Dame, und wie jede typische Italienerin eine Sonnenanbeterin, ein Fan des Sommers: «Ihre dicken Wände schützen gegen die Hitze, im Winter friert sie aber, und wir tragen zwei Pullover übereinander. Zudem plagen sie Altersgebrechen, immer mal ist etwas kaputt, und manchmal müffelt sie etwas. Dagegen helfen dann Duftkerzen und meine gefürchteten Lüftungsaktionen: Ich kämpfe für ‹Fenster auf›, während Nino für ‹Fenster zu› plädiert.»

“Ruhe und genug Platz, das ist meine Vorstellung von Luxus und Glück”

Was und wen Nino Cerruti liebt, dem ist er treu. Seiner Micky, seiner Grossfamilie, seinem Zuhause, seinen Hunden. «Warum sollte ich verreisen?», fragt er, und beim besten Willen fällt niemandem ein Grund ein. «Ruhe und genug Platz, das ist meine Vorstellung von Luxus und Glück.» Und wenn sie dann doch einmal verreisen und in ihr Haus zurückkehren, erzählt Micky, dann sei es für Nino, als ob er sein Herz wiederfinde.


Zur Pasta in der romantischen Loggia entkorkt Nino Rotwein vom Nachbargut, im Garten blühen Rosen und reifen Zitronen, kräht der «eitle Gockel» Napoleon, und die Enten warten auf ihre tägliche Ration Löwenzahn. Der Garten ist Mickys Projekt, hier konnte sie sich kreativ austoben: «Nino war es wichtig, im Haus so gut wie nichts zu verändern. Aus Respekt vor der gelebten Tradition. Wir leben sogar noch mit den Möbeln seiner Grosseltern.» Den Garten aber habe sie erst einmal aufgeräumt, «hier wuchs alles kreuz und quer, nun habe ich das Land neu gestaltet, mit vielen Rosen, jetzt gefällt es mir.»

“Natürlich bringe ich Gigi und Lola jeden Abend mit einem Gutenachtkuss ins Bett”

Ihr häusliches Glück teilen Nino Cerruti und Sibylla Jahr mit «zwei Tieren, halb so hoch wie Hunde und doppelt so lang»: Gigi und Lola, Rauhaardackel-Signorine in der dritten Generation. Bassotte heissen sie auf Italienisch, was in etwa «tiefer gelegt» bedeutet, und wenn Nino oder Sibylla sie mit «Brave bassotte» ansprechen, legen sie sich wenn möglich noch tiefer, und es gibt eine Belohnung – wofür auch immer, vielleicht einfach nur fürs Da-Sein. «Wir teilen uns Haus und Garten in gegenseitigem Respekt», sagt Nino Cerruti, «ich will keine affige Beziehung. Hund ist Hund, und Mensch ist Mensch.» Klingt konsequent. «Na ja. Natürlich bringe ich sie jeden Abend mit einem Gutenachtkuss ins Bett», sagt er. Micky lacht. Für sie hätten es nicht unbedingt Dackel sein müssen, sie liebe alle Hunde und sei nicht so auf eine Rasse fixiert: «Aber für Nino sind Dackel Glücksbringer, in seiner Familie gab es immer Dackel.» Und natürlich ist auch sie mittlerweile in Gigi und Lola vernarrt, liebt an ihnen vor allem, dass sie zärtlich und mutig zugleich sind, «zudem hat man mit ihnen immer Spass, sie machen einfach gute Laune, wenn sie morgens ins Schlafzimmer stürmen.»


Nino Cerruti hat sich vor ein paar Jahren aus dem aktuellen Modegeschäft zurückgezogen, zu banal und destruktiv sei die Branche geworden, meint er. Wen würde er als Nachfolger akzeptieren? Der Erfinder von Casual Wear und Unisex muss nicht lang überlegen. «Wer in diesem Haus etwas gegen Miuccia Prada sagt, bekommt es mit Sibylla zu tun. Ich halte auch sehr viel vom Bottega-Veneta-Designer Tomas Maier.» Er dreht die Stereoanlage voll auf, und Gianna Nanninis schräge Neuinterpretation von «Volare» dröhnt durchs Haus. Er reisst die Arme hoch und singt mit, die Dackel wedeln im Takt. Ruhe bedeutet für Cerruti nicht Rückzug oder Stillstand. So kaufte er 2005 eine Firma, die unter dem Namen Cerruti Baleri hochmoderne Möbel produziert; er experimentiert nach wie vor mit Stoffen und bereichert neue Techniken mit altem Knowhow. In Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman «Der Leopard» heisst es: «Es muss sich vieles ändern, damit alles so bleibt, wie es ist». Das Zitat könnte von Nino Cerruti stammen.


Ein Heim für Hunde

Die Fotos zu dieser Wohnreportage stammen aus dem Buch «Wohnen mit Hund. Besondere Menschen und ihre besten Freunde» von Manuela von Perfall und Anja Hölper. Wie lebt man mit Hund geschmackvoll und exklusiv, dabei aber auch praktisch und komfortabel? Leidenschaftliche Hundebesitzer wie Designer Nino Cerruti oder Gräfin Charlotte von Bismarck gewähren Einblick in ihr Zuhause und stellen ihre Lieblinge vor. Zusätzlich enthält das Buch hilfreiche Tipps rund um das Leben mit Hund – angefangen im eigenen Garten bis hin zum gemeinsamen Reisen.

Callwey-Verlag, 176 Seiten, ca. 300 Farbfotos, ca. 44 Fr., wohnenmithund.de

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Der Erfinder des Casual Wear: Signor Nino (81)

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Familiensitz: Die Möbel sind noch von Nino Cerrutis Grosseltern

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Pasta in der Loggia: 200 Jahre alt, sehr charmant

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Der Garten ist ihr Projekt: Sybilla «Micky» Jahr, Nino Cerrutis Partnerin

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Ruhe bedeutet für Nino Cerruti weder Stillstand noch Rückzug: Er experimentiert nach wie vor mit Stoffen, bereichert neue Techniken mit altem Knowhow

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Tradition auch bei den Haustieren: Gigi und Lola – «halb so hoch wie Hunde und doppelt so lang» – sind Dackeldamen in dritter Generation

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Aus den Augen heisst nicht aus dem Sinn: Grabstätten der Vorgänger von Gigi und Lola

9.

Die Dackel tragen eigens angefertigte Halsbänder: Für Lola sind die lila-, für Gigi die türkisfarbenen