Werbung
Reality Check: Schwarze Ledershorts

Stil

Reality Check: Schwarze Ledershorts

  • Text: Andrea BornhauserFotos: Karin Heer

Vom Laufsteg auf die Strasse: Sind die Kreationen der Designer überhaupt alltagstauglich? Diesmal im Test: Ultrakurze Ledershorts.

Schwarze Ledershorts und flache Sandalen sind der Dernier cri. annabelle-Moderedaktorin Andrea Bornhauser hat sich im Chloé-Look auf die Strasse gewagt.

Warum gehn Sie so verklemmt?», fragt mich eine ältere Dame auf der Zürcher Bahnhofstrasse und schüttelt ungläubig den Kopf. «Man könnte meinen, Sie tragen fremde Kleider.» Tu ich ja auch! Ihr aber zu erklären, warum und zu welchem Zweck, das würde jetzt zu lange dauern. Stattdessen sage ich: «Ist halt ein wenig frisch heute für blanke Beine. Wie finden Sie meine Ledershorts? Zu gewagt, zu sexy?» – «Keinesfalls! Sie hätten sehen sollen, wie kurz ich damals in den Sechzigern meine Shorts getragen habe. Zu sexy … tsssss.» Und während sie mit einem amüsierten Kopfschütteln weitergeht, kommen mir Uschi Obermaier, Jane Birkin und Marianne Faithfull in den Sinn, die zu Hippiezeiten nicht nur sich, sondern auch ihren Beinen die absolute Freiheit zugestanden haben, in ultrakurzen Ledershorts und Minis. Das war damals nicht nur sexy, sondern auch pure Provokation.

Jetzt sind die Ledershorts wieder da, gepusht von Modelabels wie Chloé und Celine, welche die Nappaledershorts letzten Oktober über die Pariser Laufstege schickten. Und von hippen Mädchen wie der britischen TV-Moderatorin Alexa Chung und «Vogue Paris»-Stylistin Géraldine Saglio, die ihre Ledershorts lässig mit Jeanshemden und T-Shirts tragen und mir mit diesem Look auf allen Modeblogs entgegengrinsten.

Die Mädchen sahen wirklich hinreissend aus. Ich allerdings fühle mich in den Shorts, dem Mantel und den flachen Wickelsandalen samt Wollstulpen erst mal nicht ganz so hip, sondern eher wie eine Kreuzung aus Texas Ranger und Aragorn aus «Der Herr der Ringe». Da nutzt auch die gut gemeinte Aufforderung der älteren Dame nichts, die sie mir für einen lockeren Gang mit auf den Weg gegeben hat: «Zeigen Sie, was Sie haben! Dann sieht das super aus!»Die hat gut reden. Ich würde wetten, sie gehört zu den Frauen, die vom lieben Gott mit einem Paar Hammerbeinen ausgestattet wurden, die sie damals in den Sechzigern auch allen gern gezeigt hat. Bei mir verhält es sich leider etwas anders. Shorts waren bisher ein rotes Tuch für eine wie mich, Heerdie zu ihren Beinen nicht gerade die beste Beziehung hat. Weil ich sie mir schöner vorstellen kann, etwas weniger verbesenreisert und etwas weniger bleich. Weshalb ich sie auch am liebsten in enge Röhrli sperre. Und der Öffentlichkeit vorenthalte.

Aber die schwarzen Shorts entwickeln sich, je länger ich sie spazieren führe, zur perfekten Beziehungstherapeutin: Der hohe Bund stärkt meinen Gang, das butterzarte Nappaleder wärmt meine Schenkel, und ich finde, meine Beine machen sich ganz gut in ihnen. Von Zeit zu Zeit zupfe ich zwar noch verlegen am hochgekrempelten Saum, aus Angst, dass meine Unterhose hervorblitzt. Als grösste Herausforderung stellt sich jedoch das elegante Sitzen heraus, denn da zieht sich das Leder an besonders fiesen Stellen zurück. Ich denke an den Rat der älteren Dame, schlage die Beine übereinander und lächle. Alles eine Sache der Haltung. Und mit jedem Schritt, den ich im Testoutfit durch die Stadt gehe, wird mein Auftritt sicherer. Während ich zu Beginn trotz flacher Schuhe noch unbeholfen ein Bein vors andere setzte, gelingt es mir unterdessen, die Ultrashorts wie bequeme Jeans zu tragen. Indem ich sie einfach ignoriere. Und mich stattdessen im Spiegel der Schaufenster zunehmend an meinen frisch freigelegten Beinen erfreue. Auch wenn ich mir am Ende des Tages noch nicht ganz sicher bin, aber das könnte der Beginn einer entspannten, wenn nicht gar glücklichen Beziehung zu meinen Beinen sein.

Testroute: Spaziergang durch die Zürcher Bahnhofstrasse – Fahrt mit dem 2er-Tram – Botanischer Garten – Bummel durchs Seefeld-Quartier – Bellevue-Rondell – Mittagessen im Café Felix

Werbung

1.

2.

Den Look von Chloé trägt Andrea Bornhauser so: Brille: Bottega Veneta; Army-Bluse: Jean Paul Gaultier; Trenchcoat: Max Mara; Ledershorts: Jil Sander, Vintage bei Fizzen; Stulpen: Falke; Sandalen: Chloé

3.