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Der Tag, an dem die Hoffnung schwand. Meine persönliche Geschichte

Kinderwunsch

Der Tag, an dem die Hoffnung schwand. Meine persönliche Geschichte

Es war einer dieser Tage, an dem die Hoffnung schwand. Der Bluttest in der Kinderwunschklinik ergibt erneut: Negativ. Nicht schwanger.

Wieder einmal hatten wir die Hoffnung gehabt, dass es dieses Mal funktionieren wird. Dass dieses Mal der Gang in die Kinderwunsch-Klinik, die künstliche Befruchtung, überhaupt die ganze Behandlung, nicht umsonst war. Die Traurigkeit setzt ein, der seelische Schmerz ist gross. Die Hoffnung auf das Kind – einmal mehr, war sie umsonst.

«Zehn lange Jahre haben mein Mann Mike und ich versucht, Kinder zu bekommen.»

Es waren zehn Jahre voller Hoffen und Bangen. Zehn Jahre, in denen wir viel durchgemacht haben, viel gestritten haben, oft verzweifelt waren, beide. Im Rückblick war es ein Leben, welches ich nur halb gelebt habe. So viele Events, an die ich nicht gegangen bin, Reisen, die ich nicht angetreten habe. Weil man ja doch immer dachte, vielleicht passiert es ja diesen Monat. Es waren auch Jahre, in denen wir uns oft sehr einsam gefühlt haben. Niemand im Bekanntenkreis wusste, dass wir so lang probierten, Kinder zu bekommen.

Unsere Geschichte

Bereits kurz nachdem Mike und ich uns kannten, wollten wir ein Kind bekommen. Nachdem es auf natürlichem Wege zwei Jahre lang nicht funktioniert hatte, liessen wir unseren Hormonstatus testen. Aber alles war in Ordnung, und zwar bei uns beiden. Die Ärzte fanden keine Erklärung, warum ich nicht schwanger wurde.

Die Ärztin empfahl uns, eine Insemination zu versuchen. Dabei injiziert die Ärztin oder der Arzt das Sperma direkt in die Gebärmutter. Diese Behandlung wird von der Krankenkasse übernommen. Also hielten wir uns an die Empfehlung und versuchten diese Behandlung.

Jedoch funktionierte es nicht. Nach drei gescheiterten Inseminationen machten wir eine Pause von einigen Jahren, in der Hoffnung es würde trotzdem auf natürlichem Wege klappen und auch weil eine künstliche Befruchtung zu diesem Zeitpunkt für uns zu teuer war. Zudem kam sie damals für Mike gar nicht infrage.

«Für ihn war die künstliche Befruchtung ein Eingriff in die Natur, und er hatte Angst, dass er das Kind vielleicht ablehnen würde.»

Nach etwa zehn Jahren Beziehung stand ich an einer Wegkreuzung in meinem Leben. Mir wurde klar, dass ich zwar Mikes Bedenken gegenüber einer künstlichen Befruchtung verstehen konnte, jedoch war mein Kinderwunsch grösser. Meinen Traum, einmal Mutter zu werden, wollte ich nicht aufgeben. Nach langen Gesprächen und einem Besuch in einer neuen Kinderwunschklinik haben wir uns dann doch gemeinsam entschieden, eine künstliche Befruchtung, auch ICSI genannt, durchzuführen. Bei dieser Behandlung wird eine Eizelle im Labor direkt mit einer ausgesuchten Samenzelle befruchtet. Bei einer künstlichen Befruchtung sollte man einiges beachten, unter anderem auch die hohen Kosten. Denn pro Behandlungszyklus bezahlt man in der Schweiz etwa 8‘000 bis 14’000 Franken.

Die künstliche Befruchtung ist eine emotionale Achterbahnfahrt

Neben den Kosten bedeutete die künstliche Befruchtung für uns aber auch ein anstrengendes Zeitmanagement, viel Stress, und vor allem viele Emotionen. Durch unsere berufliche Selbstständigkeit waren wir zum Glück nicht gezwungen, irgendjemandem Rechenschaft abzugeben. Jedoch mussten wir Termine mit Kundinnen und Kunden jeweils genau planen oder manchmal auch verschieben. Die erste ICSI empfand ich zu Anfang noch spannend. Ich wusste nicht, was mich erwartet und ich hoffte endlich auf die lang ersehnte Schwangerschaft.

Und dennoch war ich nach den sogenannten Transfers, also nach der Platzierung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter, ein wandelndes Elend. Das Warten bis zum Ergebnis war oft kaum aushaltbar. Aber ich hatte Glück: Gleich die erste ICSI war ein Volltreffer. Die Freude bei Mike und mir war riesig – endlich hatte es funktioniert, ich war schwanger.

«Aber das Glück war nur von kurzer Dauer und der Albtraum kam gleich ein paar Tage nach der erfreulichen Nachricht.»

Ich hatte eine frühe Fehlgeburt. Für Mike und mich bedeutete das: Alles auf Anfang – wieder Hoffen, wieder Bangen, wieder Emotionen, wieder Stress.  In dieser Zeit gingen die Gefühle immer wieder hoch und runter. Am Anfang, zu Beginn der künstlichen Befruchtung, ist man voller Hoffnung. Jeder Versuch, der dann aber nicht klappt, zerstört diese Hoffnung wieder und man stürzt erneut in ein Tief.

Natürlich hat man in den 30ern im Umfeld sehr viele Paare, die schwanger sind und Kinder bekommen. Jedes Mal hat es mir das Herz zerrissen, wenn ich andere glückliche Frauen und andere glückliche Familien gesehen habe. Ich dachte immerzu: Das wünsche ich mir so sehr, warum funktioniert es bei mir nicht? Es gibt viele Gedanken und Emotionen, die die Eltern, bei denen es mit dem Kinderwunsch geklappt hat, nicht nachvollziehen können. Was viele aber auch nicht verstehen ist, dass Nachfragen, warum man denn noch keine Kinder hat, oder gut gemeinte Ratschläge nicht helfen.

«Wann wollt ihr denn Kinder?», «Gibt’s bei euch keinen Nachwuchs?», «Bei uns hat es sofort geklappt!». Solche Sätze hörten wir ständig. Und es hat uns verletzt. Am schlimmsten war es, wenn man mitten in der künstlichen Befruchtung steckte, und dann hörte man Aussagen wie diese: «Wenn es nicht klappt, sollte es einfach nicht sein!» oder «Der Natur reinpfuschen sollte man überhaupt nicht!»

Darauf zu reagieren und sich damit auseinanderzusetzen, ist nicht einfach. Im Rahmen meiner heutigen Arbeit als Kinderwunsch-Coach habe ich mit vielen Frauen gesprochen, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben. Viele sagen, sie fühlten sich minderwertig oder gar, als hätten sie versagt. Bei vielen kratzt die Situation am Selbstwertgefühl sowie an der Männlichkeit und Weiblichkeit. Auch ich hatte oft ein ähnliches Gefühl. Denn, dass das vermeintlich «einfachste der Welt» nicht funktioniert, ist schlicht weg vernichtend.

Unerfüllter Kinderwunsch soll kein Tabuthema mehr sein

Viele dieser Gefühle, die mit einem unerfüllten Kinderwunsch einhergehen, sind noch immer ein Tabuthema. Man traut sic nicht, bei Freunden und Bekannten darüber zu sprechen.

«Alle reden über die Schwangerschaft und über die Kinder – nicht aber darüber, dass es nicht funktioniert und dass es einem nicht gut geht.»

Ich hatte eine Art Blockade, ich konnte irgendwie nicht darüber reden. Im Nachhinein bereue ich, dass ich mich meinen Freundinnen nicht anvertraut habe.

Mein Mann und ich haben heute wundervolle Zwillinge, und wir sind eine glückliche Familie. Aber der Weg dahin war schwer. Beim unerfüllten Kinderwunsch sollten Frauen und Männer sich nicht zurückziehen, sondern sich jemandem anvertrauen. Heute bin ich Kinderwunsch Coach und versuche, Paaren in einer ähnlichen Situation zu unterstützen.

Mein Weg zum Kinderwunsch-Coach

Was mir in der Zeit, in der ich versuchte, schwanger zu werden, am meisten geholfen hat, waren Kinderwunsch-Foren und Chats im Internet. Hier konnte man sich mit Paaren austauschen, die Ähnliches durchmachten. Dann realisiert man, dass man nicht allein ist und erhält wichtige Tipps wie man in bestimmten Situationen und mit bestimmten Emotionen umgehen kann. Dabei ist bei mir der Wunsch gereift, selbst anderen Frauen und Paaren zu helfen. Ich habe mehrere Workshops absolviert und eine Weiterbildung zum Kinderwunsch-Coach gemacht.

In meiner Arbeit als Kinderwunsch Coach helfe ich nun Frauen und Paaren, ihr Leben und die Liebe wieder in die richtige Bahn zu lenken, mit Gesprächen oder Hypnosen die Selbstliebe wieder zu finden oder Fehlgeburten zu verarbeiten. Die Hypnosen haben nichts mit Showhypnosen zu tun. Vielmehr muss man sich es so vorstellen: Eine Hypnose ist ein Trancezustand, der durch die Lenkung der Aufmerksamkeit auf einen aktuellen inneren Zustand hervorgerufen wird. Das Coaching beginnt mit der schriftlichen Anamnese, in welcher man seine Situation schildert und das Ziel der Behandlung nennt. Danach trifft man sich zu einer ersten zweistündigen Sitzung, in der man am Ende einiges an Infomaterial erhält. Normalerweise findet das Coaching persönlich statt, aufgrund der Pandemie ist es aber auch per Zoom möglich. Die Klientin kann selbst entscheiden, wie oft sie zur Beratung kommen möchte.

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit www.kinderwunschinfo.ch entstanden.

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