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Liebe Salome Surabischwili

Leben

Liebe Salome Surabischwili

  • Text: Jessica Prinz; Foto: Getty Images

Als ich am Donnerstagmorgen erfuhr, dass Georgien bald eine neue Präsidentin bekommt, freute mich das wahnsinnig. Mein erster Gedanke, als ich von Ihrer Wahl las, war – und dafür entschuldige ich mich, aber ich habe zu viel über korrupte und fremdgesteuerte Länder gelesen und gehört – dass Sie nur als Marionette dienen werden. So wie das beispielsweise bei Atifete Jahjaga, der ersten Präsidentin des Kosovo, damals ein wenig der Fall war: von den Amerikanern an die Spitze befördert, vom Volk aber nur belächelt und wenig ernst genommen. Sie haben sich Ihr Amt aber hart erarbeitet – und redlich verdient. Natürlich spielte es Ihnen in die Karten, dass man eine Rückkehr des vorigen Präsidenten vermeiden wollte, dennoch: Die einzige Kritik, so scheint es, die das Volk gegen Sie äusserte, ist, dass Sie die Sprache des Landes nicht perfekt beherrschen. Die brachten Sie sich quasi selbst bei, Ihre Grosseltern waren anfangs des 20. Jahrhunderts nach Frankreich ausgewandert, wo Sie später geboren und aufgewachsen sind. Gegenüber dem internationalen Sender Deutsche Welle sagten Sie hierzu vor Kurzem: «Ich lebe seit 16 Jahren im Land, bin Aussenministerin gewesen, ich bin als Abgeordnete gewählt worden, und es ist sehr interessant, dass die Kritik erst vor zwei Monaten begonnen hat.»

Ja, schon interessant, dass man Ihnen den Sieg nun irgendwie nicht ganz gönnen mag. Dabei haben Sie sich den redlich verdient. Jahrzehntelang waren Sie im französischen diplomatischen Dienst tätig, mit Stationen in Italien, USA und Belgien, danach, während der Rosenrevolution in Georgien im Jahr 2003, als Frankreichs Botschafterin in Tiflis. Der ehemalige Präsident Michail Saakaschwili, der damalige Sieger der Revolution, bat Ihren ehemaligen Chef Jacques Chirac damals bei einem Besuch in Frankreich darum, Sie frei zu stellen, um das Amt der Aussenministerin in Georgien anzunehmen. Das taten Sie dann, und Sie erreichten nicht wenig: Zu ihren Verdiensten auf diesem Posten wird die Vereinbarung über den Abzug russischer Truppen aus Stützpunkten in Georgien gezählt. Chapeau!

Ich bin sicher, Sie hätten noch viel mehr zu bieten und haben viel mehr geleistet, als das, was ich eben aufgeführt habe. Und ich freue mich darauf, noch viel von Ihnen und Ihren Erfolgen zu hören. Und auch wenn Sie in Ihrem Amt neu vor allem repräsentative Aufgaben haben werden: Ich bin überzeugt, Sie werden es nicht scheuen, sich auch in unbequeme Situationen zu bringen, um etwas für Ihr Land zu erreichen. Solche Politikerinnen braucht unsere Welt.

Schon heute haben Sie uns immerhin einen Grund zum Feiern gegeben: Sie sind derzeit weltweit eine von 22 weiblichen Staatsoberhäuptern und Regierungschefinnen. Eine weitere Frau, die es an die Spitze einer Landesregierung geschafft hat. Leider sind das eben immer noch zu seltene Errungenschaften. Ich feiere es darum immer besonders, wenn Frauen sich den Weg an die Spitze erkämpfen. Sie haben das geschafft, ich gratuliere!

Herzlich, Jessica Prinz