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Fashion Find: Warum ihr die Serie «Cristóbal Balenciaga» sehen müsst

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Fashion Find: Warum ihr die Serie «Cristóbal Balenciaga» sehen müsst

Ein Look, ein Piece, ein Fashion-Moment: Für unsere Rubrik «Fashion Find» hat Lifestyle Editor Linda Leitner mit Schauspieler Alberto San Juan, der in der brandneuen Serie «Cristóbal Balenciaga» den Jahrhundert-Designer spielt, darüber gesprochen, wie politisch Mode sein soll.

Noch vor einem Monat stand Kim Kardashian in Leggings mit Einkaufstüte aus Papier bei einer Balenciaga-Show rum. Seither hat man das Gefühl, Papiertüten seien cool, Leggings sind es schliesslich schon seit Längerem. Das französische Luxushaus brachte den American Lifestyle Dream nach Los Angeles, die Models balancierten Coffee-to-Go-Becher, schlurften in Jogginganzügen über den Asphalt und ja, schleppten healthy Lauch im Shopping Bag.

Kreativdirektor Demna Gvasalia reagiert stets auf den Zeitgeist, macht Mode, die subversiv und ungefiltert ist, kreiert Trends und Geld aus allem. Auch aus umgebundenen Handtüchern, die teure Röcke sein sollen. Seine Shows behandelten in der Vergangenheit Themen wie Krieg, Flüchtlingskrise und die Klimaapokalypse. Models liefen dabei durch künstlich erzeugte Schneestürme. Balenciaga konfrontiert seine Kund:innen heute mit den Tragödien der realen Welt. Es ist ein Spiel mit Hypes und Hässlichkeit, das einen Bezug zwischen Mode und Politik herstellt.

Dabei begann alles ganz leise: Seit heute können wir auf Disney+ die berührende Erfolgsgeschichte des Modehauses zurückverfolgen – die spanische Eigenproduktion «Cristóbal Balenciaga» zeichnet in einer Miniserie das Leben des Modedesigners, des Schöpfers der weltbekannten Luxusmarke, von seiner ersten Pariser Schau 1937 bis hin zu seinem nicht ganz unproblematischen Aufstieg in die internationale Modewelt nach. Und schnell wird klar: Damals ging es nicht um ein Höllentheater. Der Maestro aus dem Baskenland sprach nur durch seine Mode.

Kann Mode unpolitisch sein?

1937 hat Cristóbal Balenciaga bereits eine erfolgreiche Karriere in seinen Ateliers in Madrid und San Sebastian hinter sich, in denen er die spanische Elite einkleidete. Die Entwürfe, die in Spanien avantgardistisch waren, funktionieren in dem mondänen Modeimperium Paris erstmal weniger. In der Haute Couture diktieren Chanel, Dior und Givenchy den Takt. Geleitet von seiner Besessenheit, die Kontrolle über alle Aspekte seines Lebens zu behalten, gelingt es Balenciaga aber, seinen Stil zu definieren und zu einem der bedeutendsten Designer aller Zeiten werden.

Die eindringliche Darstellung von Cristóbal Balenciaga durch Alberto San Juan fesselt. Der Schauspieler aus Madrid, der vor dem Dreh kein Wort französisch sprach, hat im Grunde keinen blassen Schimmer von Mode. «Ich war sogar voreingenommen, weil ich immer dachte, Mode sei etwas rein Oberflächliches. Aber nachdem ich Balenciagas Arbeit und die Person dahinter studiert hatte, wurde mir klar, dass der Prozess, Kleider zu entwerfen, genauso relevant ist wie jede andere Kunstform», gestand uns San Juan im Gespräch. Man müsse den Künstler hinter dem Werk sehen, nicht die Marke.

Als Zuschauer:in ist dabei man hin- und hergerissen: Wie findet man Cristóbal Balenciaga nun? Er ist unsicher, strebt aber nach Macht. Er geht beinahe an den Abschieden von geliebten Menschen zugrunde, wächst aber an seinen Herausforderungen. Seine modischen Prinzipien waren strikt, seine politische Meinung bisweilen fast opportunistisch. Er wolle unpolitisch sein, sagt er einmal.

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«Sogar ein Hut kann politisch sein»

Alberto San Juan setzte sich zur Vorbereitung viel mit den Materialien, mit denen sich Balenciaga umgab, auseinander. Gewöhnte sich an den Umgang mit Schere, Faden, den Stoffen. «Ich musste zudem viel über die historischen Umstände lernen, in denen Balenciaga lebte. Es war eine turbulente Zeit: Da war die Zweite Spanische Republik, der Bürgerkrieg, Franco. In Frankreich der Zweite Weltkrieg und die Besetzung durch die Nazis», erzählt der Schauspieler. Aber kann und sollte Mode denn jemals politisch sein? All das aufgreifen?

«Bei Politik geht es nicht nur um Parteien. Bei Politik geht es darum, unser Miteinander zu organisieren, Konflikte zu lösen, Zugang zu Dienstleistungen zu verschaffen – alles, was zwischenmenschlich passiert, ist Politik.» Der Schauspieler Alberto San Juan widerspricht mit dieser Aussage dem Denken des grossen Designers Balenciaga. Wie dessen Geschäftspartner Nicolás Bizkarrondo in der Serie zu sagen pflegt: «Sogar ein Hut kann politisch sein.» Der Hintergrund: Die Nazis verbieten die Hüte, die Balenciaga entworfen hatte. Sie halten sie für zu extravagant, mit zu viel Aussagekraft aufgeladen. Mit Hüten würde es schliesslich erst losgehen und man wisse nie, wo das noch hinführe. Balenciaga pocht daraufhin fast schon stur auf sein Recht als Künstler, unpolitisch zu sein. San Juan stimmt Balenciagas damaligem Financier Nicolás Bizkarrondo aber zu, sich nicht entziehen zu können: «Wir leben alle in dieser Welt. Wir alle müssen Verantwortung tragen.»

Zurecht kann man sich fragen, ob das nun immer anhand einer Performance, eines Social-Media-Spektakels passieren muss. Ob man, wie Balenciaga heute, die Weltlage für seine Zwecke nutzen sollte. Wer die leiseren Töne mag, der lege jetzt mal eben das Handy weg und streame die Miniserie «Cristóbal Balenciaga». Denn hier geht es weder um Hypes und Trends noch und Kim Kardashian – sondern wirklich nur um Mode.

Die Miniserie «Cristóbal Balenciaga» läuft ab 19. Januar auf Disney+.

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