Werbung
Reality Check: Modern Preppiness

Stil

Reality Check: Modern Preppiness

  • Fotos: Karin Heer

Modereporterin Andrea Bornhauser hat den Herbsttrend Modern Preppiness auf seine Alltagstauglichkeit getestet.

Ich malte ein grosses Fragezeichen in mein kleines Notizbuch. Das war während der Moderetraite, als unsere Stylistinnen die Trends für Herbst/Winter vorstellten. Auslöser meiner plötzlichen Ratlosigkeit war ein Trend namens Modern Preppiness. Preppies, das waren doch diese polobehemdeten Rich Kids, die mit den umgebundenen Sweatshirts, Bermudashorts und Bootsschuhen? Was hatten die mit den poshen Laufsteg-Looks von Miu Miu, Paul & Joe und Balenciaga zu tun, die uns auf einer Collage präsentiert wurden? Neben gemusterten Kleidern, ausgestellten Minijupes, hochgeschlossenen Blusen, Schleifen, Karos, viel Kanarienvogelgelb und Ultraviolett sah ich auf der Collage auch Bilder von Comic-Helden und Sixties-Ikonen wie Jean-Michel Basquiat und Twiggy. Das waren schlicht zu viele Infos. Zu viele Stil-Elemente, die ich beim besten Willen nicht unter einen Hut brachte. Aber man muss sich ja nicht mit jedem neuen Trend auf Anhieb gut verstehen.

Kurze Zeit später erhielt Modern Preppiness eine zweite Chance. Dieses Mal kam der Trend in Form eines realen Outfits, das ich in dieser Rubrik auf seine Alltagstauglichkeit testen sollte. Na bravo! Aber vielleicht war das ja die Gelegenheit, um hinter das Geheimnis des neuen Herbsttrends zu kommen. Ich zwängte mich also in das kurze Kleid mit Schwanenprint, zog einen noch kürzeren Wolljupe mit Metallblüten von Miu Miu drüber und stöckelte los. Als erste Herausforderung schwang ich mich gleich mal auf mein Velo. Nach kurzer Zeit auf dem Sattel mutierte das Minikleid zur Schluppenbluse, indem der Saum höher und höher rutschte. Das war mir aber – Opaque-Strümpfen sei dank – schnuppe. So radelte ich entspannt durch die Stadt Zürich, Richtung See, zur Schiffsanlegestelle Bürkliplatz – und fühlte mich ganz adrett, also auf gut Englisch preppy.

An diesem Nachmittag reisten auf dem Kursschiff hauptsächlich Senioren, die ich mit meinen Prada-Hacken um mindestens zwei Köpfe überragte. Als ich tapfer durch die Cafeteria wankte, wartete ich nur darauf, dass einer der rüstigen Rentner mich mit dem «Fröllein» verwechselte und bei mir einen Kaffee crème bestellen würde. Wobei, für eine Kellnerin funkelte meine Miu-Miu-Schürze einfach zu sehr. Das Traggefühl einer Uniform jedoch blieb und begleitete mich die ganze Zeit. Dafür sorgten das züchtige Kleid, der hochgeschlossene Kragen und die satt gebundene Masche um meinen Hals, die mich von Zeit zu Zeit ein wenig nach Luft schnappen und von einem wallenden Hippiekleidchen träumen liessen.

Vielleicht war das Uniform-Feeling ja die gesuchte Parallele zu den echten Preppies. In den Fünfzigern liessen sich nämlich die schnieken Schüler so genannter Preparatory Schools (daher der Name Preppy) an der US-Ostküste für ihre private Garderobe von den Schuluniformen ihrer Eliteschulen inspirieren und trugen fortan Blazer mit Wappen, Cordjacken, Chinohosen und Button-Down-Hemden. Heute gilt unter anderem Ralph Lauren als ihr Ausstatter.

Klar, meine Uniform war um einiges bunter, verspielter und auch viel stylisher. Und ich fühlte mich durch sie von Kopf bis Fuss richtig chic angezogen. Trotzdem war ich froh, als ich das Outfit abends ablegen und wieder befreit durchatmen konnte. Und was den ominösen Trend namens Modern Preppiness betrifft, bin ich zum Schluss gekommen, dass es sich lohnt, einen Trend nicht beim Wort zu nehmen. Sondern ihn einfach mal anzuprobieren.

Testroute: Velofahrt durchs Zürcher Enge-Quartier – Schifffahrt Bürkliplatz bis Zürichhorn, Spaziergang am See – Lunch im Ristorante Toto, Seefeld – Tramfahrt übers Bellevue zurück an den Bürkliplatz