Liebe Fliege, tolle Forelle.
Zuweilen werden dem Kolumnisten ungewöhnliche Bitten vorgetragen: Einer Städterin soll ich ein Lokal empfehlen, «in das sich noch Fliegen verirren dürfen». Lästige Stubenfliegen? Ich gestehe, dass mir der Segen dieser Kreaturen für die Gastronomie bis jetzt verborgen blieb. Ich habe vielmehr alles begrüsst, was mir die Tierchen vom Teller hielt. Der unappetitliche Fliegentätscher, der früher immer auf Sofa oder Salontischchen herumlag, ist zum Glück ebenso aus der Mode wie jener seltsame Streifen, der mancherorts an der Zimmerdecke hing und an dem Fliegenkadaver klebten. Heute gibt es kaum sichtbare Gitter vor den Fenstern.
Die Städterin präzisiert ihre Fliegenliebe. Ihr missfallen die sterile Atmosphäre und der Hygienefanatismus in vielen Lokalen selbst auf dem Land. Das Summen der Fliegen gehöre nun mal zur sonst überall beschworenen echten Natur. Recht hat sie, nur summen die Fliegen nicht nur authentisch, sondern sie lassen sich allzu gern auf Gabel und Messer oder gleich auf dem Fleisch nieder. So wird es schnell existenziell: Entweder verschwinden die Fliegen, oder man tut es als Gast.
Ich weiss nun immerhin, welche Art von Restaurant der Städterin vorschwebt. Und ich empfehle ihr eines der authentischsten und besten Landgasthäuser der Schweiz: den «Adler» in Ried-Muotathal. In der Jagdsaison kann man bei Paula und Daniel Jann hervorragend Wild essen, mit etwas Glück auch Steinbock. Im Frühling und Sommer sollte man die kräftigen Forellen aus der Muota nicht verpassen; ein echteres Fischvergnügen gibt es nicht. Und als Vorspeise begeistern die Alpkäse-Ravioli mit Salbeibutter. Bei meinem jüngsten Besuch im Juli habe ich genau zwei Fliegen gezählt. Sie waren auf geradezu unauthentische Weise manierlich.
«Adler»
Kapellmatt 1
6436 Ried
Tel. 041 830 11 37
www.adler-muotathal.ch
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