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Zora Del Buono: Versumpft

Kultur

Zora Del Buono: Versumpft

Schwüle Luft, Alligatoren und ein Schweizer Kunsthistoriker auf der Flucht vor seiner Vergangenheit.

Im Nachhinein frage ich mich, ob mir zu diesem Zeitpunkt die ersten Anzeichen von Fenners beginnender Zerrüttung hätten auffallen können oder wie lange es dauerte, bis die Akkuratesse seiner Kleidung einer Nachlässigkeit wich, bis der präzise Seitenscheitel verluderte, die manikürten Hände verrohten, der ganze Fenner nach und nach zu verrutschen schien?» Die Südstaaten fordern ihren Tribut, die blühende und vergehende Natur, das Wuchern und Ranken in den Sümpfen Georgias. Aber noch mehr fördert das Stöhnen und lustvolle Wimmern in der geheimnisvollen Villa auf Humphrey Island den Verfall des überfeinerten Kunst-Menschen Fenner, der vorübergehend im Haus wohnt. Eine deutsche Journalistin ist zur selben Zeit nicht weit weg, Fenner und sie haben sich auf dem Hinflug kennen gelernt.

Die Journalistin erfährt, was es mit Fenner auf sich hat: Er ist aus der Schweiz vor einem Skandal geflohen. Ein Buch diffamiert seinen Vater, in der Schweiz eine Ikone, aufs Äusserste. Und auch die Villa, die wie Fenner an einem schweren Erbe trägt, beruhigt Fenners Nerven nicht. Sprachmächtig führt das Buch in die dampfigen Sümpfe des menschlichen Seins. Grossartig!

Zora Del Buono: Big Sue. Mare-Buchverlag, Hamburg