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«Astrologie hat nicht den Anspruch, in die Zukunft zu schauen»

Leben

«Astrologie hat nicht den Anspruch, in die Zukunft zu schauen»

  • Interview: Julia Heim; Foto: NASA

Verraten die Sterne tatsächlich, was im kommenden Jahr genau passiert? annabelle-Astrologin Nicole von Bredow über Vorhersehung, freie Entscheidungen und den lästigen Einfluss des rückläufigen Merkur.

annabelle.ch: Nicole, seit vielen Jahren erstellst du für unsere Leserinnen das Horoskop. Wie gehst du dabei vor?
Nicole von Bredow: Für das Tageshoroskop auf annabelle.ch sehe ich mir in der Ephemeride, der Sternenstandtabelle, die Konstellation der Planeten für den jeweiligen Tag an. Diese Konstellation setze ich in Relation zu den einzelnen Sternzeichen. Bei einem Wochenhoroskop fasse ich die jeweiligen Aspekte zusammen und picke die wichtigsten Informationen heraus. Astrologie hat in erster Linie mit Mathematik und Winkeln zu tun. 

Was heisst das genau?
Wenn zum Beispiel Mars und Mond in Konjunktion stehen, kann das ein gewisses Aggressionspotenzial mit sich bringen, das sich aber bei jedem Sternzeichen anders zeigt: die einen sind gestresst, die anderen fühlen sich durch die hohe Energie hoch motiviert.

Braucht es eine besondere Gabe, um diese Konstellationen interpretieren zu können?
Nein, eine Gabe braucht es nicht. Empathie ist wichtig. Und man sollte ein mathematisches Verständnis besitzen. Astrologie ist wie Vokabeln lernen. Je mehr Erfahrungswerte man gesammelt hat, desto besser weiss man, wie sich eine bestimmte Konstellation auswirken kann. Die Sterne zeigen ein Potenzial an. Und ich kann dieses Potenzial im Gespräch mit einer Klientin oder einem Klienten herausarbeiten – oder auch vermitteln, was an Talenten vorhanden ist und oft nicht genutzt wird. Astrologie ist wie eine Uhr, an der ich sehe, ob es günstig ist, ein neues Projekt zu starten oder sich zu sammeln. Was dann passiert, liegt aber immer in der Verantwortung der Klienten.

Du berätst Klientinnen und Klienten ausserdem in Coachings.
Genau. Ich habe eine eineinhalbjährige Ausbildung zum Coach absolviert, weil ich gemerkt habe, dass ich meine Klienten damit noch besser begleiten und beraten kann.

Wer sind deine Kunden?
Das sind sowohl freischaffende Kreative wie auch Managerinnen oder Vermögensverwalter. Viele kommen mit der Frage zu mir, ob sie ein neues Projekt in Angriff nehmen oder welches Jobangebot sie annehmen sollen. Mobbing ist auch ein häufiges Thema. Aber auch Arbeitgebende fragen nach, wenn sie sich zwischen mehreren Kandidaten entscheiden müssen. Ich kann meiner Kundschaft nicht sagen, welcher Job oder welcher Kandidat der richtige ist, aber ich kann anhand der Sterne sagen, welcher Kandidat welches Potenzial mitbringt. Astrologie kann auch bei wichtigen Beziehungsfragen hilfreich sein, um Bedürfnisse des Partners zu erkennen und eventuelle Kommunikationsprobleme zu lösen.

Gibt es auch Menschen in deinem Umfeld, die deine astrologische Arbeit belächeln?
Natürlich habe ich auch Freunde, die mir offen sagen, dass Astrologie nichts für sie ist. Das ist vollkommen in Ordnung und hat keinen Einfluss darauf, ob ich mit jemandem gern Zeit verbringe.

Wie hast du deine Affinität entdeckt?
Mit Mitte 20 habe ich als Journalistin für eine Frauenzeitschrift gearbeitet – der Kulturteil war mein Schwerpunkt. Nebenbei redigierte ich das Horoskop und entdeckte Ungereimtheiten, die ich mit einem Bekannten, der als Astrologe und Lehrer arbeitete, besprach. Offensichtlich hatte jemand unsauber gearbeitet. Ab da war mein Interesse geweckt. Da die Betreuung des Horoskops für viele Redaktorinnen nicht zu den beliebtesten Aufgaben gehört, habe ich das auch in anderen Redaktionen, in denen ich später gearbeitet habe, zusätzlich zu meiner redaktionellen Arbeit übernommen.

Richtest du deine eigenen Entscheidungen nach den Sternen aus?
Ich mache Entscheidungen nicht von den Sternen abhängig, aber ich beziehe sie in meine Überlegungen mit ein. Besonders achtsam bin ich, wenn Merkur rückläufig ist. Das passiert dreimal im Jahr und ist grundsätzlich immer ein guter Zeitpunkt Liegengebliebenes aufzuarbeiten. Bei mir gehen dann leider oft Texte oder Briefe verloren. Deshalb mache ich in dieser Zeit auf jeden Fall Sicherheitskopien.

Vom rückläufigen Merkur liest man auch vermehrt in den Social Media. Überhaupt beschäftigen sich die Menschen wieder mehr mit Astrologie. Woran liegt das?
Besonders in schwierigen oder politisch unsicheren Zeiten lässt sich das beobachten. Die Astrologie kann Menschen helfen, neue Entwicklungen richtig einzuschätzen und auch für sich zu nutzen. Oft kommen Menschen zu mir, die mit ihrer Berufswahl unglücklich sind. Der häufigste Grund: Häufig macht man, was die Gesellschaft oder die Familie von einem erwartet. Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man merkt, dass sich diese aufgezwungenen Entscheidungen nicht richtig anfühlen. Dann ist der Wunsch nach Veränderung sehr gross.

Kann es nicht gefährlich sein, sich bei solchen Entscheidungen auf die Astrologie zu verlassen?
Nicht, wenn man sie als das sieht, was sie ist. Astrologie hat nicht den Anspruch, in die Zukunft zu schauen – oder einem Menschen von seiner Eigenverantwortung zu erlösen. Ich bin keine Hellseherin, die voraussagt, was in zehn Jahren sein wird. Ich glaube auch nicht, das dies möglich ist. Jeder Mensch hat einen freien Willen und kann Dinge, die ihm nicht gefallen, ändern. Die Astrologie kann mögliche Wege aufzeigen, und sie kann anstossen – gerade zum Anfang eines Jahres, wenn wir uns Neues vornehmen oder etwas Wichtiges verändern wollen. 

Nicole von Bredow ist Journalistin, Astrologin und Coach. Seit über 20 Jahren lebt die Hamburgerin in London. Von dort aus berät sie Klientinnen und Klienten weltweit – entweder bei persönlichen Treffen oder auch in Gesprächen übers Telefon, WhatsApp oder Skype. Nicole von Bredow ist ausserdem regelmässig in Zürich.

Mehr Informationen über: [email protected]