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Herrgott noch mal, Abtreibung ist kein Mord!

Politik

Herrgott noch mal, Abtreibung ist kein Mord!

  • Text: Kerstin Hasse; Foto: iStock 

Papst Franziskus hat in einer Predigt Abtreibung mit einem Auftragsmord verglichen. Für unsere Autorin ist das ein Schlag ins Gesicht jeder gläubigen und nicht-gläubigen Frau. 

Papst Franziskus gilt ja so ein bisschen als Revolutionär im Vatikan. Das liegt daran, dass er etwas liberaler referiert und handelt als seine Vorgänger. Er hat ein paar Reformen im Vatikan gefordert, sich etwa dafür eingesetzt, dass sich die Vatikanbank Istituto per le Opere di Religione von ihren Korruptionsskandalen befreit und er sprach sich zumindest für eine Null-Toleranz beim Missbrauch von Kindern durch Kirchenangehörige aus – auch wenn es bei der Umsetzung dieser Null-Toleranz bis anhin haperte.

Der Papst bleibt nun mal der Papst. Und das heisst: Er ist ein alter Mann, mit doch noch recht viel Macht, der seine Sexualität nie ausleben durfte und es sich dennoch erlaubt, über die Sexualität anderer zu urteilen.

Es ist ja nicht so, als hätte sich die römisch-katholische Kirche je für Abtreibungen ausgesprochen. Eine Frau, die abtreibt, begeht eine Sünde. Eine schwere Sünde. Dass das eine total aus der Zeit gefallene, völlig vereinfachte Aussage ist, muss ich nicht betonen. Ich bin dafür, dass jede Frau über ihren Körper bestimmen kann.

Papst Franziskus sieht das anders. Er hat in einer Predigt am Mittwoch die Abtreibung mit einem Auftragsmord verglichen. «Ich frage Euch: Ist es gerecht, jemanden umzubringen, um ein Problem zu lösen? Das kann man nicht machen, es ist nicht gerecht, einen Menschen umzubringen, auch wenn er klein ist», sagte der Papst. Das sei, wie «einen Auftragsmörder zu mieten, um ein Problem zu lösen.» Schon vor wenigen Monaten hatte Papst Franziskus klare Worte gefunden, wie er über die Abtreibung eines behinderten Kindes denkt. Er verglich sie mit dem furchtbaren Euthanasieprogramm der Nazis.

Was der Papst sagt, tangiert meinen Alltag nicht. Ich richte mein Leben nicht danach aus. Aber ich weiss, dass es noch immer Millionen von Menschen tun. Und das ist es, was mich wütend macht. Das ist es, was mich als Frau tangiert. Das ist es, was ich nicht ignorieren kann. Wenn ein Mann in dieser Position so spricht, ist das für jede Frau – gläubig und nicht-gläubig –  mindestens ein Schlag ins Gesicht. Für manche Frauen auf dieser Welt ist es noch mehr, es ist eine Drohung, die sie ihr Leben kosten könnte, weil die Kirche in manchen Ländern noch immer weit über dem Recht auf Selbstbestimmung steht.

Und nein, es geht nicht darum, ob die Gründe für eine Abtreibung vermeintlich moralisch vertretbar sind oder nicht. Frauen können schwanger werden, weil sie einen One-Night-Stand hatten. Sie können schwanger werden, weil sie vergewaltigt wurden. Sie können schwanger werden, weil sie in einer Beziehung leben und regelmässig Sex haben. Das gibt ihnen aber nicht mehr oder weniger das Recht, ein Kind zu wollen – oder es eben nicht zu wollen. Es sind die Körper der Frauen, die Kinder austragen. Und über diesen Körper bestimmt jede Frau am Ende selbst – im Idealfall, nachdem sie offen mit ihrem Partner oder One-Night-Stand oder Ehemann darüber reden konnten, was diese Schwangerschaft für beide bedeutet.

Nein, Frauen, die abtreiben, ermorden niemanden. Sie fällen eine Entscheidung, die ihnen nicht leicht fällt. Sie engagieren keine Auftragsmörder. Sie nehmen medizinische Hilfe in Anspruch, die uns in einem aufgeklärten Land wie der Schweiz zum Glück zur Verfügung steht. Und diese Möglichkeit kann uns die römisch-katholische Kirche – trotz aller Predigten alter Männer – nicht nehmen.

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