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Liebe Stefanie Heinzmann

Leben

Liebe Stefanie Heinzmann

  • Text: Jessica Prinz; Foto: Getty Images

Diese Woche standen wir zusammen im KKL auf der Bühne. Sie im Rampenlicht, ich ein wenig im Hintergrund auf der Chor-Empore. Wobei, wenn man meine Mutter fragt, hätte auch ich die Blondine mit dem Mikrofon sein können. Genau das fragte sie mich, als ich ihr am Nachmittag ein Video von der Hauptprobe schickte – als Sie grad mit voller Wucht Ihren Hit «Diggin in the Dirt» hinballerten. Klar, Mama.

Auch wenn man mich immer mal wieder darauf anspricht, dass ich Ihnen ähnlich sehe, wenn ich denn ausnahmsweise mal meine Brille trage, hatte ich Sie nie wirklich auf dem Schirm. Sie waren halt diese herzige Walliserin, die diesen komischen Wettbewerb von Stefan Raab gewonnen hatte. Die Sängerin mit der starken Stimme, ja, das schon. Die Heinzmann, die die Töne so schön frasiert und gekonnt mit dem Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme spielt. Aber eben auch die, die so normal ist. So normal, dass es schon fast langweilig ist. Keine Skandale. Kein Promi-Kochen oder Influencer-Getue, keine eigene Modelinie keine Schauspielversuche und auch keine Beziehungseskapaden. Einfach eine hundsgewöhnliche Musikerin. Und dann kommen Sie am Dienstag strahlend ins Probelokal, nehmen das Mikrofon in die Hand, legen los – und hauen mich aus den Socken. 

Eigentlich doof, denke ich in diesem Moment, dass Sie mir nie so richtig aufgefallen sind. Denn Sie sind grossartig. Talentiert und schön, natürlich und freundlich, bezaubernd und bodenständig. Und jetzt, wo ich darüber nachdenke, finde ich eigentlich das Beste an Ihnen, dass Sie so normal sind – dass es schon fast langweilig ist. Was ist denn eigentlich schlecht daran, normal zu sein? Was ist schlecht daran, schöne Musik machen zu wollen, die man an einem normalen Tag hören möchte? Was ist schlecht daran, normale Kleider zu tragen, die sich vielleicht nicht für die Fashion Week eignen würden, aber in denen man sich wohlfühlt? Was ist schlecht daran, normal zu tanzen, ganz ohne einstudierte Choreografien sondern einfach so, wie sich der Körper grad bewegen will?

Der Körper, der wird sowieso grossgeschrieben in Ihren Songs. Wertschätzen soll man ihn, denn «wir haben nur den einen, und wir haben nur das eine Leben. Das müssen wir nutzen.», sagen Sie zur Einleitung eines ihrer Songs, woraufhin sie tosenden Applaus ernten. Es gibt wohl nur eine Message, die Ihnen noch wichtiger ist, als die. Nämlich: Mehr Liebe.«All we need is Love» heisst deswegen ihr neues Album, auf dem Sie all diese Liebe eingefangen und in Musik umgewandelt haben. «Denn Liebe tut so gut. Und mit Liebe und Freundlichkeit geht alles besser. Ich habe so viel Liebe in mir, ich hoffe, die kommt bei euch an», riefen Sie den ohnehin schon gerührten Zuschauerinnen und Zuschauern entgegen, deren Hände im Gegenzug hunderte Herzen formten und Ihnen strahlend entgegenstreckten. 

Für manche wäre das alles wohl fast einen Tick zu kitschig: Herzlihände, leuchtende Natelliechtli, Ihr ausgiebiges Sinnieren über Liebe und Selbstliebe. Für mich allerdings waren die Stunden auf der Bühne mit Ihnen ein einziger Genuss. Denn Sie ahnen gar nicht, wie fest Sie mir aus dem Herzen sprechen, wenn Sie für eine positive Einstellung plädieren, weil das so einen grossen Einfluss auf unser Leben hat, und wie viel schöner alles plötzlich wird, wenn man allem ein wenig Liebe verleiht. Dieser Charakterzug an Ihnen ist – leider! – alles andere als normal, sollte aber viel mehr Einzug in unser aller Alltag finden, viel mehr der Normalität entsprechen. Könnten wir nicht alle ein wenig mehr Liebe vertragen?

Liebe Stefanie Heinzmann, wenn normal sein bedeutet, so zu strahlen wie Sie, dann will ich ab sofort noch viel mehr normal sein.

♥ Jessica Prinz