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Die Feministin: bell hooks glaubte an die Kraft des Kollektivs

Politik

Die Feministin: bell hooks glaubte an die Kraft des Kollektivs

  • Text: Jana Schibli
  • Bild: The Bell Hooks Institute / Grafik: annabelle

In unserer Rubrik «Die Feministin» stellen wir Frauen vor, die wir alle kennen sollten – weil sie aus dem Kampf um Gleichstellung nicht wegzudenken sind. Heute mit bell hooks.

Das Rascheln von Buchseiten, die umgeblättert werden. Das Kratzen eines Stiftes auf Papier. Die unersättliche Lese- und Schreiblust von Gloria Jean Watkins, 1952 in den USA geboren und später bekannt geworden unter ihrem Künstlerinnennamen bell hooks, offenbarte sich früh – und nicht selten spätnachts. Sie habe ihre Geschwister damit oft um den Schlaf gebracht, wie eine Schwester später erzählte. bell hooks wuchs in ausschliesslich Schwarzer Gemeinschaft auf. «So wie wir lebten – am Rand –, entwickelten wir eine besondere Art, die Realität zu sehen. Wir schauten von aussen herein und von innen heraus», schreibt sie in ihrem Buch «Feminist Theory: From Margin to Center».

 

Ihr Künstlerinnenname lehnt sich an den Namen ihrer Urgrossmutter an. Sie schrieb ihn konsequent klein, um, wie sie sagte, ihre Person kleinzuhalten und ihren Texten Raum zu geben. Die Arbeit an ihrem ersten Buch «Ain’t I a Woman: Black Women and Feminism» begann sie mit 19 als Anglistik- und Literaturstudentin. Es erschien 1981 und erklärte Rasse, Klasse und Geschichte zu gefährlichen Blindflecken des bürgerlichen und weissen Feminismus – und hat damit bis heute Aktualität.

Als Professorin schrieb und sprach bell hooks, eine selbsterklärte Minimalistin mit sanfter Stimme und einer Vorliebe für ein bestimmtes Paar goldene, sternförmige Ohrringe, über akademische wie populäre Themen: die Unterdrückung männlicher Emotionen im Patriarchat, den trügerischen Aktivismus von Madonna, die Kapitalismusverherrlichung von Beyoncé und den auf individuellem Erfolg fokussierten «faux feminism» der Co-Geschäftsführerin von Meta, Sheryl Sandberg.

«Heilung ist ein Akt der Gemeinschaft»

Gleichberechtigung könne nicht das Ziel sein, fand hooks: Denn was sei sie schon wert in einem kapitalistischen und von weisser Vorherrschaft bestimmten Patriarchat? Sie glaubte vielmehr an die Kraft des Kollektivs. Ihre Gedanken zu Liebe und Heimat und deren subversivem Potenzial – in «All about Love», dessen deutsche Übersetzung seit 2021 vorliegt – werden heute auf Social Media und an Protesten zitiert. Etwa: «Heilung ist ein Akt der Gemeinschaft.»

bell hooks starb im Dezember 2021 mit 69 Jahren an Nierenversagen. US- Vizepräsidentin Kamala Harris schrieb danach auf Twitter: «Ihr starker und positiver Einfluss wird für Generationen mit uns sein.»

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