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Wie ist es eigentlich, die Unterhosen von Rockstars zu waschen?

Leben

Wie ist es eigentlich, die Unterhosen von Rockstars zu waschen?

  • Aufgezeichnet: Anna MillerFoto: SXC

Hans-Jürgen Topf (55), Inhaber der Rock’n’Roll Laundry in Ludwigshafen, erzählt …

Wenn mir einer vor 25 Jahren gesagt hätte: «Topf, irgendwann wäschst du die Unterhosen der Rolling Stones», ich hätte ihm den Vogel gezeigt. Ich hatte damals noch keine Ahnung, wohin mein Lebensweg mich führen sollte. Ich habe gestottert, war ein unsicherer Typ. Und fürs Wäschewaschen hatte ich nicht viel übrig. Dann fing ich eines Tages damit an – und meine Unsicherheit war weg.

Es gibt nichts Geileres, als mit Rockstars auf Tour zu sein und ihre Bühnenoutfits zu waschen. Dieses Lebensgefühl, Konzerte, Musik, Backstagebereich; das haut dich um. Dabei hatte eigentlich ein anderer die Idee dazu. Eines Tages bekam ich auf der Strasse Backstage-Pässe für das Konzert von Ted Nugent, weil ich denen an einer Ampel in Ludwigshafen den Weg zur Konzerthalle gezeigt hatte. Das war 1982, und ich jobbte gerade in der Wäscherei meiner Eltern. Als Dankeschön wusch ich ihre Kleider. Der Tourmanager von Ted Nugent meinte dann, ich solle das zu meinem Business machen. «Nenn es die Rock’n’Roll Laundry», sagte er, und das tat ich dann.

Ich habe schon einer ganzen Menge Stars die Wäsche gewaschen: Pink, U2, Jay Z, den Fantastischen Vier. Die sind alle froh, wenn ihnen jemand diesen Scheissjob abnimmt. Im Laufe der Jahre steht man dem einen oder anderen Künstler richtig nahe, zum Beispiel Herbert Grönemeyer. Aber es bleibt alles privat. Ich würde nie jemandem erzählen, was er für Unterhosen trägt. Es gibt wohl nichts Intimeres als die eigene Unterwäsche.

Finde ich Drogen in den Hosentaschen, schmeisse ich sie weg. Das geht alles sofort ins Klo. Da bin ich resolut. Ich bin ein totaler Drogengegner. Früher, als sich die Rockstars noch zudröhnten und die Drogen dann in ihren Hosentaschen vergassen, hat der Trockner die Pülverchen in den Raum geblasen, und die ganze Luft war voller Dope. Heute kann sich zum Glück kaum mehr jemand erlauben, sich zuzuschütten. Das ganze Musikbusiness ist viel härter geworden. Die Stars leben alle gesund, trinken Tee hinter der Bühne. Weil sie eingesehen haben, dass sie ihr hart verdientes Geld ja gar nicht mehr geniessen können, wenn sie in zwei Jahren tot sind.

Und sie wollen auch, dass man mit Biowaschmittel wäscht. Pink und Paul McCartney lassen nichts anderes an ihre Wäsche. Verpönt sind auch Weichspüler und Parfum. Alles geruchfrei. Die Stars wollen, dass die Kleider nach ihnen riechen – und sie riechen alle gut. Ausser Slipknot, die Heavys aus den USA, damals bei Rock am Ring 2005. Die hatten ihre Bühnenoveralls mit Kunstblut und Rahm vollgeschmiert und die Sachen zwei Tage in Plastiksäcken verrotten lassen. Ich musste dann zusehen, dass die Kleider bis zum Showstart wieder sauber werden. Das war das Härteste, was ich in meinem Beruf je gesehen und gerochen habe.

Rauskriegen tust du eigentlich jeden Fleck. Sonst hast du deinen Job nicht gemacht. Kugelschreiber kriegst du mit Haarspray raus, Rotweinflecken mit Weisswein. Müffelt dein Hemd, sprüh Wodka drauf und bügle es mit dem Dampfbügeleisen. Einmal musste ich die Ärmel eines Hemdes abnähen, separat waschen und sie danach wieder annähen, damit nichts kaputtging. Da bin ich mir auch für nichts zu schade.

Aber manchmal ist das schon ein harter Job, den ich hier mache. Einmal wäre ich sogar fast gestorben. 36 Stunden war ich auf den Beinen, ohne Pause. Ich hatte gerade die Wäsche für AC/DC gewaschen. Fix und fertig legte ich mich danach draussen in ein Feldbett. Es fing an, aus Kübeln zu giessen, und das Bett füllte sich langsam mit Wasser wie eine Scheissbadewanne. Eine Spülhilfe von mir hat mich dann noch rechtzeitig gerettet. Ich hatte verdammtes Glück.

Privat wasche ich meine Wäsche am liebsten selbst, vor allem die Socken. Da bin ich heikel. Es ist ja tatsächlich so, dass die Socken in der Maschine einfach verschwinden können, und ich weiss bis heute nicht, warum. Da gibts jetzt sogar extra einen Tag dafür, den Lost Sock Memorial Day, immer am 9. Mai. Keine Ahnung, wer den erfunden hat. Ich wars nicht.

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