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Die neue Doku über Paris Hilton ist düster und ehrlich

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Die neue Doku über Paris Hilton ist düster und ehrlich

Ein Dokumentarfilm über Paris Hilton? Man rechnet mit Glitzer, Glamour, Drogen und Parties in Luxus-Villen. Doch der YouTube-Film «This Is Paris» ist ein interessanter Blick hinter die Kulissen – und überraschend düster.

Paris Hilton ist die Übermutter aller Influencer, das Ur-It-Girl sozusagen, das praktisch das Selfie erfand und den Weg für Reality-Stars wie Kim Kardashian ebnete. Aber was steckt hinter der glücklichen Fassade, wer ist die Hotel-Erbin mit der Baby-Stimme und den Millionen auf dem Konto wirklich und was macht die 39-Jährige heute eigentlich? Die neue You-Tube-Doku «This Is Paris» geht diesen Fragen auf den Grund – und zeigt Paris Hilton in einem neuen, erstaunlich authentischen Licht.

«Die ganze Welt glaubt, mich zu kennen, weil ich diese Figur schon so lang spiele», sagt sie im Film. «Aber das bin nicht ich. Niemand weiss wirklich, wer ich bin.» Als Model und Reality-Star («The Simple Life», wir erinnern uns) prägte Paris Hilton Anfang der 2000er die Popkultur. «Diese Fassade dieses perfekten, glücklichen Lebens. Ich kreierte diese Persönlichkeit, diese Marke, diese Figur – und bin seither mit ihr gefangen. Ich war früher nicht so», sagt sie traurig.

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«Ich bin bis heute traumatisiert»

In der Doku gelingt es Hilton, den Zuschauer etwas hinter diese Fassade blicken zu lassen. Erstmals spricht sie über die Unterbringung als Teenie in einer Schule für Problem-Jugendliche. Sie beschreibt, dass sie in der Provo Canyon School im US-Bundesstaat Utah über Monate emotional und körperlich misshandelt wurde – und die Folgen davon noch heute spürt. Andere ehemalige Schüler bestätigen, dass Misshandlungen an der Tagesordnung waren. «Ich bin bis heute traumatisiert», sagt Hilton. Noch heute leide sie etwa an furchtbaren Albträumen und Schlaflosigkeit.

Die Familiendynamik der Multimillionärin, die in «This Is Paris» aufgezeigt wird, wirkt fast schon gruselig. «Meine Mutter brachte mir bei, immer korrekt und zurückhaltend zu sein. Und alles als perfekt darzustellen», so Hilton. Sie und ihre Schwester Nicky Hilton mussten von klein auf Benimm-Kurse besuchen. Die Familie zog ins New Yorker Luxus-Hotel Waldorf Astoria, als Paris Hilton ein Teenie war. «Uns wurde beigebracht, wie wir Debütantinnen werden», erinnert sie sich. «Es war sehr überkorrekt, wie bei den Stepford Wives. Das fühlte sich für mich nie real oder natürlich an.» Dates mit Jungs oder Parties waren verboten. «Meine Mutter wollte, dass ich eine Hilton bin. Ich wollte nur Paris sein», sagt sie. Mit 15 rebellierte Hilton und schlich sich mit einer Fake-ID immer wieder in Clubs. Ihre Eltern zogen die Notbremse – und steckten sie in diverse Schulen für Problem-Teens. Die Erfahrung in der Provo Canyon School habe alles übertroffen.

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«Ich verlor das Vertrauen in alle. Auch in meine Familie»

Als Jugendliche sei Paris Hilton mitten in der Nacht von zwei Männern aus dem Bett gezerrt worden, die sie gegen ihren Willen in die Schule brachten. Sie habe befürchtet, sie werde gekidnappt. «Meine Eltern standen an der Tür und weinten. Sie sagten mir nicht, was passiert», sagt sie. In der Schule in Utah angekommen, wurde sie schliesslich immer wieder gewürgt, geschlagen oder über Stunden in eine Zelle gesperrt. Erzählt habe sie in den Jahren danach niemandem davon. Das Vertrauen in ihre Eltern, die sie in die Horror-Schule in den Bergen schickten, habe sie durch die Zwangseinweisung verloren. «Meine Eltern hatten Angst und wollten nicht, dass ihr Ruf ruiniert wird. Ich wurde weggeschickt, um versteckt zu werden», sagt sie.

«Ich sehnte mich so nach Liebe, dass ich dafür Schläge in Kauf nahm»

Nach der traumatischen Erfahrung habe sie nicht mehr gewusst, was Liebe sei. Leise zählt Paris Hilton im Film die Ex-Freunde auf, die sie in der Vergangenheit misshandelten. Fünf Männer (darunter angeblich Nick Carter) wurden kontrollierend und aggressiv, in manchen Fällen sogar handgreiflich. Eindrücklich ist ein Stapel alter Macbooks, den Hilton bei sich zuhause hat: Hat sie einen neuen Freund, kauft sie sich ein neues Gerät – aus Angst, weil ihre Partner immer Zugang zu ihrem Laptop wollen. «Ich wurde gewürgt, man warf Telefone oder Computer nach mir. Ich akzeptierte es. Ich dachte fast, es sei normal. Ich dachte: Er liebt mich so sehr, dass er in diesem Mass ausrastet», sagt sie. «Ich sehnte mich so nach Liebe, dass ich dafür Schläge in Kauf nahm.» Auch das Sex-Tape wäre nie passiert, so Hilton, wenn sie nicht nach Utah geschickt worden wäre. «Ich war so verloren und verzweifelt nach Liebe. Ich fand die schlimmste Person.»

«Es war, als würde man mich elektronisch vergewaltigen»

Das Sex-Tape «1 Night in Paris» aus dem Jahr 2004 zeigte Hilton mit ihrem damaligen Freund Rick Salomon beim Geschlechtsverkehr. In den Medien wurde sie mit dem Video als Lachnummer abgestempelt, als Party-Nudel, die alles für ein wenig mehr Ruhm macht. «Wenn das heute passiert wäre, wäre es nicht die gleiche Geschichte», sagt sie. «Sie stellten mich als die böse Person dar, als hätte ich etwas falsch gemacht.» Sie habe sich von Solomon, ihrem ersten Freund, dazu drängen lassen, der beim Sex plötzlich eine Kamera hervorholte. «Ich wollte ihn glücklich machen.»

Er habe ihr versprochen, den Clip nie jemandem zu zeigen. «Es war, als würde man mich elektronisch vergewaltigen», sagt Hilton. Schlimm sei gewesen, dass die Öffentlichkeit dachte, sie habe das Tape absichtlich veröffentlicht. «Ich musste das nicht tun. Ich hatte immer einen Plan», sagt sie. Vertrauen kann sie nicht einmal ihrer Familie. «Sie wurde so oft verraten», sagt auch ihre Schwester Nicky in der Doku. Besonders traurig macht etwa die Szene, in der Paris Hilton ihre Villa mit versteckten Überwachungskameras ausstattet, weil ihr neuer Freund eine Zeit lang allein in ihrem Haus weilt und sie ihm nicht vertraut. Es ist der gleiche Freund, der ihr bei einem Streit einige Szenen später aggressiv ins Gesicht fasst und den sie schliesslich vom Festival-Gelände entfernen lässt, auf dem sie auftritt.

Es ist bedrückend, zu sehen, wie einsam das Leben von Paris Hilton sein muss. Tauschen will man mit ihr nicht. Die Multimillionärin ist ein Workaholic mit 19 eigenen Produktlinien wie Make-up oder Parfums, daneben ist sie DJane und Influencerin. 250 Tage im Jahr reise sie um die Welt, sagt Hilton. Ferien habe sie zuletzt vor Jahren gemacht. Entspannen könne sie sich nicht. «Ich kenne nicht viele authentische Menschen. Ausser meinen Fans. Wenn sie mit mir sprechen … nicht mal meine echten Freunde sprechen so mit mir», sagt sie. Es macht ein bisschen traurig, wenn Paris Hilton in ihrem von oben bis unten gefüllten Schmuck-Schrank sitzt und sagt: «Ich will Milliardärin werden. Dann werde ich glücklich sein.» Vielleicht findet sie das Glück ja auch ohne eine Milliarde auf dem Konto.