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Netflix-Doku: Ich verstehe das Abgekotze über Harry und Meghan nicht

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Netflix-Doku: Ich verstehe das Abgekotze über Harry und Meghan nicht

Meghans und Harrys Dokfilm auf Netflix ist da – und die kollektive Aufregung über die beiden mal wieder gross. Redaktorin Marie Hettich fragt sich in ihrem Kommentar: Warum eigentlich?

Die «NZZ» titelt: «Harry & Meghan auf Netflix: einseitig, kitschig und banal». «Watson» schreibt von einer «Opfer-Oper». Und eine «Guardian»-Autorin wird ganz besonders konkret: «So sickening I almost brought up my breakfast». Wie öde!

Meine Hoffnung war, dass die Doku-Serie von Liz Garbus, die seit Donnerstag auf Netflix läuft, mehr Zwischentöne in die vernichtende Boulevard- und verächtliche Feuilleton-Berichterstattung bringen würde. Aber nein: Offenbar möchten alle daran festhalten, dass von Meghan und Harry sehr wenig zu halten ist (und alle sassen trotzdem sofort drei Stunden lang vor ihren Fernsehern).

Einer der für mich unverständlichsten Vorwürfe: Meghan und Harry hätten einen völlig einseitigen Blick auf ihre Geschichte. Ich weiss nicht, von welchen Menschen ihr so umgeben seid, aber ich habe noch nie eine Person kennengelernt, der es möglich ist, auf sich selbst und das eigene Leben aus den verschiedensten Blickwinkeln und Wahrnehmungsebenen zu schauen. Wie kann man also in vollem Ernst kritisieren, dass eine Doku von Meghan und Harry über Meghan und Harry sehr subjektiv ist?

Selbstverständlich eine Selbstinszenierung

Denn glaubt wirklich irgendwer, Dokfilme wie «Miss Americana» über Taylor Swift oder «Becoming» über Michelle Obama würden die Superstars nicht exakt so darstellen, wie sie dargestellt werden möchten? Im Falle von «Harry & Meghan» wird wenigstens transparent gemacht, dass sie «ihre Story» erzählen – somit ist auch klar, dass nur Menschen zu Wort kommen, die diese Version mit ihnen teilen.

All die anderen Blickwinkel auf Meghan und Harry nehmen, seit das Paar im Oktober 2016 seine Beziehung bekannt gab, ja definitiv genug Raum ein – in so einer Häufigkeit und so einer Heftigkeit, dass ich mich wirklich oft frage, warum auch nur eine einzige Person über 18 davon träumt, berühmt zu werden. Die Dok-Serie zeigt nochmal in aller Deutlichkeit, wie abgefuckt die Boulevard-Presse arbeitet – und wie die Maschinerie der Royals gleichzeitig darauf angewiesen ist, dass regelmässig über sie berichtet wird.

«Ich beneide sie kein bisschen»

Robert Hazell, Autor von «The Role of Monarchy in Modern Democracy», sagt in der Doku: «Wir gewöhnlichen Leute denken gerne, dass die Königsfamilie ein ausserordentlich privilegiertes Leben mit vielen Bediensteten führt, in Palästen lebt und keine Probleme hat. Ich beneide sie kein bisschen. Sie leben in einem goldenen Käfig. Ihnen fehlen Freiheiten, die für uns selbstverständlich sind. Sie dürfen kaum über ihre Zukunft entscheiden, sie dürfen offiziell nicht einmal ihre eigene Religion wählen.»

Harry war 12, als er seine Mutter verlor. Dianas Tod veranschaulicht drastisch, wie so ein vermeintliches Glitzer-Glamour-Dasein zu Ende gehen kann. Und doch hält sich in unserer Gesellschaft die Vorstellung, Menschen mit viel Geld hätten per se das bessere Leben. Egal, was sie sagen: Alles wird sofort als haltloses Gejammer abgewunken.

Wer den Reichen und Berühmten ihre Probleme abspricht, verkennt das Leben mit all seinen Facetten. Und ignoriert, dass eben genau das Reich- und Berühmtsein Schwierigkeiten mit sich bringt, von denen wir alle zusammen überhaupt keine Ahnung haben. Was diese Doku doch sehr deutlich zeigt: Harry und Meghan sind in ihrem verrückten Paralleluniversum wirklich arme Schweine – und machen das Beste aus ihrer Situation.

Dazu gehört nun eben auch ein sechsteiliger Dokfilm auf Netflix. Ein Dokfilm über sie selbst, ja. Aber auch ein Dokfilm über Sexismus und Rassismus – und einer, der mit deutlichen Worten die Kolonialgeschichte Grossbritanniens aufrollt. Das war seitens Royals überfällig.

 

«Harry & Meghan»: Folgen eins bis drei jetzt auf Netflix. Die drei restlichen Folgen erscheinen nächsten Donnerstag, 15. Dezember.

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Elisabeth Schütz

Ich möchte nicht in deren Haut stecken. Bei Allem und Jedem überlegen zu müssen, darf ich das. Denn mittlerweile sind es nicht nur die Boulevardpresse und ihre Fotografen sondern alle können ihre Handykamera zücken.

Dani

Super auf den Punkt gebracht 🙏🏼 gut, sagt das mal jemand!

Beatrix Blanchard

Wie heisst es so schön, wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen! einerseits möchten sie ihre Privatsphäre wahren und andererseits provozieren sie immer wider mit ihren Auftritten. Das soll noch jemand verstehen!

Martina

Klar gibt es Menschen, die auf die Widersprüche im eigenen Dasein reflektierte Blicke werfen und sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Die Zwei gehören nicht dazu, noch nicht – bleibt ihnen zu wünschen. Meghan fehlt jegliche Authentizität und es ist dies, was mich persönlich langweilt. Harry wiederum langweilt, weil es ihm an persönlicher Reife fehlt. Dass er sich in Meghan schockverliebt hat, weil sie ihn an seine Mutter (!) erinnert, lässt bei jedem Hobbypsychologen sämtliche Alarmglocken klingen. Doch who am I to judge, man wünscht den Beiden alles Glück dieser Welt für die gemeinsame Zukunft… und mir selbst gute Netflix-Alternativen.

Sarah1

Ich kann es nicht mehr hören und lesen. Es ist schlimm das die Presse ander so schlecht darstellen darf ohne zur Rechenschaft gezogen zu werde.
Was soll das eigentlich? Das ist der einzig Artilekl den ich gelesen habe der das genau auf den Punkt bringt.
Ich finde die Doku sehr gut. Ich habe mitgefühl mit den beiden und ihre Liebesgeschicht find ich erlichgesagt schön und erlich.
Ich an ihrer stelle hätte alles genau so gemacht.

anna

find ich genau auch so.