Werbung
Figurprobleme im Gefängnisalltag

Leben

Figurprobleme im Gefängnisalltag

  • Text: Dalma Aebischer; Foto: Gabi Vogt

Dalma Aebischer sitzt wegen Kindesentführung eine mehrjährige Haftstrafe in der Strafanstalt Hindelbank ab. In ihren Briefen berichtet sie für uns regelmässig aus dem Gefängnisalltag.

Seit ich im Gefängnis bin, schaue ich höchst selten in den Spiegel. Ich lebe hier körperlos. Keinem muss ich gefallen, keiner liebkost mich – also erforsche ich eher meine inneren Landschaften. Trotzdem habe ich mir beim Eintritt fest vorgenommen, nicht zuzunehmen. Und was sah ich, als ich mich heute Morgen doch einmal im Spiegel betrachtete? Speckröllchen am Bauch! Panisch konsultiere ich die Waage und stelle fest, dass ich fünf Kilo zugenommen habe.

Ich muss unbedingt mehr Sport machen. Weniger zu essen, werde ich nicht schaffen: Denn was würde mir bleiben, wenn ich mir diesen einzigen Genuss versagte? Gelegenheiten, fitter zu werden, gibt es hier genug: montags und donnerstags eine Stunde Aerobic – was ich jedoch hasse. Dienstags, donnerstags und samstags ist der mit zehn Kraftmaschinen sowie Hanteln, Bällen und Springseilen ausgestattete Kraftraum geöffnet. Es läuft hier so gute Musik, dass manche Brasilianerinnen dazu tanzen. Aber die Luft in diesem Raum riecht nach Schweiss. Am Freitagnachmittag gibt es eine Stunde Badminton oder Volleyball – im Winter in der Halle und im Sommer draussen. Ich mag solche Spiele nicht – weder draussen noch drinnen. Samstags und sonntags werden je 45 Minuten Walking auf dem Areal angeboten, was mich am ehesten interessieren würde, fände es nicht gleich nach dem Aufschluss statt. Dabei schlafe ich am Wochenende doch so gern länger und trinke gemütlich Kaffee!

Schon wieder Ausreden. Frustriert greife ich nach einem Schokoriegel. Ich werde einen Sportplan erstellen und den Kampf gegen die Speckrollen beginnen! Morgen vielleicht. Irgendwann.

Dalma Aebischer (Name geändert) wurde wegen qualifizierter Freiheitsberaubung und Entführung sowie Erschleichung einer Falschbeurkundung verurteilt.

Ein Porträt über sie und die Hintergründe ihrer Tat finden Sie hier.

Die älteren Briefe aus dem Gefängnis finden Sie hier:

Nr. 1. Der erste Tag

Nr. 2: Arbeit

Nr. 3: Tischordnung

Nr. 4: Knastkost

Nr. 5: Alltag in der Zelle

Nr. 6: Hafturlaub

Nr. 7: Krankheit und Wehwehchen

Nr. 8: Besuch

Nr. 9: Sporttag

Nr. 10: Pakete

Werbung

1.

2.

3.

4.

5.

Eine Zelle in der Strafanstalt Hindelbank

6.

7.

8.

Ein Aufenthaltsraum

9.

10.

Der Speiseraum

11.

12.

Die Stoffwerkstatt, in der die Frauen kreativer Arbeit nachgehen können